Sonntag, 28. März 2010

Wundertüte, knallbunt


Tim Burton ist wieder mal seinem eigenen Genre gerecht geworden und liefert mit seinem neuen Film "Alice im Wunderland" ein neues farbenfrohes, bizarres und schräges Fantasyspektakel. Selbstverständlich sind wieder Helena Bonham Carter und Johnny Depp von der Partie und wie immer, wenn Tim Burton einen Film macht, ist Danny Elfman nicht weit und sorgt mit dissonanten Gruselchören, Violinen und tiefer Orchestermusik für den nötigen zauberhaften Soundtrack. Sich dieses farbenfrohe und zugleich düstere Effektfeuerwerk in 3D anzusehen, lohnt dabei umso mehr.

Zudem ist interessant, dass Tim Burton die Geschichte nicht einfach neu-, sondern vielmehr weitererzählt. Die Alice in seinem Film ist kein kleines niedliches Mädchen, sondern eine junge Frau, die sich langsam in die steifen Konventionen der englischen Gesellschaft fügen muss - zumindest, wenn es nach ihrer Familie geht. Doch kurz bevor ihre Verlobung bekannt gegeben werden soll, taucht ein kleines weißes Kaninchen auf, dass hektische Blicke auf eine Taschenuhr wirft. Alice folgt diesem bis zu einem Baum und fällt dort in ein tiefes Loch, dass die direkt ins Wunderland führt. Dort warten nicht nur die allseits bekannten Gestalten auf sie wie der verrückte Hutmacher, die Grinsekatze und die böse Herzkönigin, Alice wird sich auch bald bewusst, dass sie bald etwas zu Ende bringen und ihrer Bestimmung folgen muss...

Sprechende Mäuse und Hunde, rauchende Raupen, eine cholerische Herzkönigin mit Wasserkopf, der schrullige Hutmacher, die dicken Zwillinge Tweedledee und Tweedledum (gespielt von "Little Britain"-Star Matt Lucas) und eine verträumte Anne Hathaway als Weiße Königin - wunderbare Zutaten für einen zauberhaften Film. Trotz Neuinterpretation bleibt die Persiflage auf die steife Gesellschaft Englands noch immer spürbar und Kenner des Buches oder des Disneytrickfilms können sich auf einige Überraschungen gefasst machen. Stimmig, dunkel, schräg und magisch, Tim Burton bleibt einfach unglaublich gut.

Aktuelle Lektüre: Helene Hegemann: "Axolotl Roadkill"

Samstag, 27. März 2010

Twilight ohne Grenzen

Zufällig bin ich gerade auf einer Reportage auf arte hängen geblieben, Thema: "das Twilight-Fieber". Kreischende Teenies, Warteschlangen vor den Kinos und die Frage aus dem Off, wie sich solch ein Hype denn bloß erklären lässt. Dann zeigt die Kamera eine schockierende Szene - vier Freundinnen stoßen zusammen mit einem Gläschen Sekt an, während der Sprecher im Audiokommentar erklärt, dass sich diese jungen Frauen derzeit jeden Sonntag treffen und nur ein Gesprächsthema kennen: Edward und Bella. Noch kein Grund zur Panik, doch dann wird das Alter der Mädels eingeblendet: 23, 21, 22...oh mein Gott. Und dann sagt doch tatsächlich die 23jährige, sie hätte den Film beim ersten Mal noch gar nicht verstanden und hätte ihn gleich noch mal ansehen müssen, um ihn besser zu begreifen und außderdem wünsche sie sich auch so einen Freund wie Edward. Ja genau, pflichtet ihr die 26jährige (!!) Freundin bei, sie könne die Bücher nicht aus der Hand legen und sei sie mit dem vierten Band durch, müsse sie gleich wieder beim ersten Band anfangen. Wo leben diese vier armen Mädels eigentlich, dass sie einer solchen klischeegefertigten Figur nachschmachten?

Schnitt. Gezeigt wird die Ring Con in Bonn, eine große Fan-Veranstaltung zu Kinohits und berühmten Büchern. Treffen mit Stars, Fotos, Autogrammstunden. 45 €uro kostet der Spaß pro Tag, für die gesamte Veranstaltung werden um die 250 €uro fällig. Die Kamera schwenkt über Massen an (vorrangig) weiblichen Fans, die sich die Beine in den Bauch stehen, um Nebendarsteller aus den "Twilight"-Filmen zu treffen und ihnen Fragen zu stellen, wie "welcher Band von den vier Büchern gefällt dir am Besten?"


Ob es nun an Edwards Verkörperung eines Traummann-Prototyps für junge LeserInnen liegt, der gehörigen Portion an Schmalz, Schmacht und Schnulz oder dem Mix aus High-School-Romanze und Gruselgeschichte liegt - zahlreiche Leute geben ihren Senf dazu und versuchen, teilweise auch aus wissenschaftlicher Perspektive, dieses Phänomen zu erklären. Zeit, abzuschalten. Und zu hoffen, dass die Leute bald mal wieder auf den Boden kommen. Wird aber schwierig, schließlich kommt bald Teil 3 in die Kinos...

Aktuelle Lektüre: Helene Hegemann: "Axolotl Roadkill"

Mittwoch, 10. März 2010

"Glee" macht Musik...


Schwupps, da ist einmal wieder ein neues Projekt am Serienhimmel erschienen und sorgte erst in den Staaten, dann in England und Irland für gute Einschaltquoten, bald ist Spanien an der Reihe. Die Rede ist von der poppig-bunt-flippigen Serie "Glee", von den Machern von "Nip/Tuck". Ein sogenannter "Glee"-Club ist ein Gesangsverein, wie man ihn zum Beispiel als Arbeitsgemeinschaft an einer High School finden kann.

Und damit wären wir schon mitten in der Handlung. Spanischlehrer Will Schuester, einst selbst ein Star des Glee Clubs, will selbigen an seiner Schule übernehmen und diesem dank neuer Methoden zum Aufstieg verhelfen. Leichter gesagt, als getan, denn die Mitglieder des Glee Clubs sind in der gesamten Schule als Loser und Nerds verschrien und bekommen auf dem Gang regelmäßig die Ice-Shakes ins Gesicht geschüttet. Allen voran die überaus selbstbewusste Rachel, die schon von Kindesbeinen an davon träumt, einmal berühmt zu werden und mit ihrer extrovertierten Art in ihrem Umfeld eher aneckt als ankommt. Zudem finden sich keine männlichen Mitglieder, doch Schuester wird durch Zufall bei dem Footballspieler und Mädchenschwarm Finn fündig. Doch schon die ersten Erfolge des Glee Clubs scheinen schnell wieder vergessen zu sein, als sich weitere Probleme anhäufen, allen voran die fiese Sportlehrerin Sue Silvester, die die Finanzierung ihres Cheerleadervereins in Gefahr sieht und gerne auch zu unerlaubten Mitteln greift, um Schuester und seinen Sängern einen Stock zwischen die Beine zu werfen. Doch auch Schuesters Ehe läuft nicht sonderlich gut und unter den Teenies verhärten sich ebenfalls bald die Fronten...

Man nehme Elemente aus "High School Musical" und "Grease" und mixe sie mit den typischen High-School-Klischees aus den amerikanischen Teeniefilmen. Heraus kommt "Glee"? Fast. Sicherlich gibt es da die vorlaute afroamerikanische Sängerin, das arrogante Cheerleadergirl, den begehrten Footballer, den schwulen Außenseiter, die kesse Streberin und den coolen und vorlauten Macho mit weichem Kern, aber trotz allem bietet "Glee" noch ein wenig mehr. Nicht nur, dass mit diesen Klischees raffiniert gespielt wird, sondern auch der Umgang mit dem Thema des Außenseiters und des Andersseins bringt frischen Wind in die Serie, nicht umsonst ist auch das Loser-L, das sich mit der Hand darstellen lässt, Bestandteil des Plakats. Scheinbare Happy Ends werden ziemlich schnell durch die intolerante Mehrheit an der High School zerstört und vermeiden so unnötigen Kitsch. Das Darstellerteam spielt überzeugend und mitreißend, Jane Lynch als Sue Silvester ist einfach köstlich und Gastauftritte von amerikanischen Musikern wie Kristin Chenowith sorgen für schöne Akzente. Bleibt zuletzt die Musik - teilweise sehr gelungene Coverversionen von aktuellen und ein wenig verstaubten Hits bringen den nötigen Pep und die Choreografien sind teilweise ein Hingucker.

Reinschauen lohnt sich also, seichte Kost mit ein bisschen Tiefgang, aber sehenswert. Mal sehen, wann das "Glee"-Fieber nach Deutschland überschwappt, in Amerika geht bald der zweite Teil von Staffel eins an den Start, Staffel zwei ist bereits in Produktion...für die hat unter anderem Neil Patrick Harris schon zugesagt, besser bekannt als "Barney" aus "How I met your mother"...

Aktuelle Lektüre: Daniel Pennac: "Au bonheur des ogres"

Montag, 8. März 2010

Verwirrspiel auf der Insel


Und wieder einmal hat sich Martin Scorsese mit Leonardo di Caprio zusammen getan und einen neuen Film produziert, hatten die beiden doch bereits schon bei "Gangs of New York" oder zuletzt "The Departed - Unter Feinden" miteinander das Vergnügen. In dem düsteren Psycho-Thriller begibt sich di Caprio in der Rolle des US-Marshals Edward Daniels, von vielen auch "Teddy" genannt, auf die Insel Shutter Island. Diese beherbergt eine geschlossene Heilanstalt für psychisch kranke Schwerverbrecher und obwohl die Überwachung und die Sicherheitsmaßstäbe vom Allerfeinsten zu sein scheinen, ist es doch einer Patientin gelungen, aus ihrer Zelle auszubrechen. Diese soll nun Teddy zusammen mit seinem Partner Chuck suchen. Doch schon bald stößt dieser bei seinen Recherchen auf einige Widersprüche und dunkle Geheimnisse, etwa den Hinweis auf verbotene Experimente an den Patienten. Zudem soll sich noch ein gewisser Andrew Laediss in einem Zellentrakt befinden, ein Mann, der am Tod von Teddys Frau und Kindern erhebliche Schuld gehabt haben soll. Während sich über der Insel ein Hurrikan zusammenbraut und für das erste eine Rückkehr auf das Festland unmöglich macht, stürzt Teddy nicht nur immer tiefer in seine eigenen paranoiden Anfälle, sondern auch in das dunkle Geheimnis von Shutter Island...

Der Film ist gut, aber Scorsese kann auch besser. Trotzdem ist "Shutter Island" sehenswert. Das liegt zum einen an der schön erzeugten gruseligen Atmosphäre, den düsteren Bildern und dem stimmungsvollen Setting, zum anderen aber auch an der tollen Wendung, die der Film auf einmal vollführt und den Zuschauer vollkommen überrascht. Di Caprio spielt toll, Mark Ruffalo ebenfalls, Max von Sydow und Patricia Clarkson überzeugen in ihren Nebenrollen. Nicht zuletzt wird auch mit der Idee gespielt, ab wann man noch als Mensch und wann bereits als Monster gilt. "An diesem Ort frage ich mich: was wäre schlimmer - zu leben wie ein Monster oder als guter Mann zu sterben?"

Aktuelle Lektüre: Daniel Pennac: "Au bonheur des ogres"