Wenn er aus seinen Büchern vorliest, dann ist es mucksmäuschenstill. Er weiß zu fesseln und zu begeistern, kann mit seiner Stimme umgehen und die Zuhörer für sich gewinnen. Gerne sorgt er für tosendes Gelächter, indem er einen lustigen Spruch macht oder wenn er über eine besonders witzige Stelle in seinem Buch stolpert. Seine Kinder- und Jugendbücher verkaufen sich in großen Mengen, für "Die Mitte der Welt" wurde er mit zahlreichen Preisen überhäuft, sein Name steht für intelligente aber unterhaltsame Literatur: Andreas Steinhöfel war am Mittwoch in der Uni Würzburg zu Gast und las aus seinen beiden Büchern, die sich um die Berliner Jungs Rico und Oskar drehen. Rico ist tiefbegabt und daher ein wenig langsam und schwer von Begriff, geht auf eine Sonderschule und seine Mutter arbeitet als Prostituierte. Rico beobachtet seine Umwelt ganz genau und dokumentiert alles in seinen Einträgen auf dem Computer. Er ist auch der Erzähler der Geschichte. Oskar hingegen ist hochbegabt, hat dafür aber gewaltig einen an der Klatsche. Aus Angst, sich überall zu verletzen, trägt er aus diesem Grund immer einen überdimensional großen Motorradhelm. Was die beiden für verrückte Abenteuer erleben, schildert Andreas Steinhöfel in seiner typisch frechen und ausgeflippten Schreibe. Ergänzend plauderte der Autor noch aus dem Nähkästchen, weswegen wir einige interessante Dinge aus dem Verlags- und Agentenalltag erfuhren. Kinder- und Jugendbuchliteratur wird zum einen zwar noch immer belächelt und ist längst nicht so hoch angesehen wie beispielsweise in England oder in Frankreich, bleibt jedoch auch in Deutschland noch immer eine gute Gelegenheit für rücksichtslose Geldmacherei. Dass dabei Qualität oder Eigenwillen des Autors manchmal zurückstecken müssen, ist keine Seltenheit und so entwickeln sich so manche Charaktere in Büchern nicht so, wie es der Autor gerne geplant hätte, sondern wie es der Verlag wünscht. Andreas Steinhöfel lässt solche Sachen nicht mit sich machen, sondern zieht sich bei solchen Angeboten sofort aus der Affäre. Doch manchmal wird auch ziemlich rücksichtslos mit einem umgegangen, wie er selbst erfahren musste, denn bei der Verfilmung seines Buches "Es ist ein Elch entsprungen" kippten die Produzenten kurzerhand sein Skript und drehten ihr eigenes - böses Erwachen für Steinhöfel an der Premiere. Das Werk soll übrigens bald neu verfilmt werden und dieses Mal ganz im Sinne des Buches und des Autoren. Am Ende gab es Signierstunde und ich habe mir es natürlich nicht nehmen lassen, mein mitgebrachtes Exemplar von "Die Mitte der Welt" signieren zu lassen.
Aktuelle Lektüre: Georg Büchner: "Leonce und Lena"
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