Mittwoch, 30. Dezember 2009

Trommeln, bis der Arzt kommt


Dass Profifußballer in einem Turnier sehr viel zu leisten haben, ist keine verblüffende Neuigkeit. Eine britische Studie hat jetzt aber ergeben, dass ein Rock-Schlagzeuger bei einem Konzert teilweise noch mehr leisten muss, als ein Leistungssportler in der gleichen Zeit. Da Schlagzeuger im Durchschnitt aber häufiger zum Einsatz kommen, werden sie logischerweise stärker gefordert als ein Sportler, denn bei einer Tournee ist es nicht selten, dass eine Band jeden Tag an einem Auftritt zu spielen hat. Die Studie zeigte auf, dass der portugiesische Fußballer Ronaldo leistungsmäßig mit Drummer Clem Burke von "Blondie" gleichzusetzen ist. Clem Burke wurde während eines Konzerts an diverse Messgeräte angeschlossen und erreichte mit seinem Puls teilweise Spitzenwerte bis 190.

Die Studie öffnet bisher ungeahnte Möglichkeiten und Wege, Medizin, Sport und Musik zu verbinden, was auch für die Schule wichtig sein könnte. Übergewichtige Kinder könnten mit einer gezielten Verbindung aus Training, Bewegung, Trommeln und Ausdauer einige Kalorien in Energie umwandeln und somit abnehmen. An der Universität in Gloucestershire wurde mittlerweile auch schon das "Clem Burke Drumming Project" ins Leben gerufen, es gibt auch schon erste Aerobic-Kurse namens "Drums Alive", die Schlagzeugelemente in die Choreografien mit integrieren. Mag sich sehr seltsam und ein wenig unwichtig anhören, die Studien sind für die jeweiligen Beteiligten aber von größter Bedeutung. Ein Klick auf die Project-Seite lohnt sich einmal zur Information, von jetzt an werden wohl noch öfters Schlagzeuger mit Sauerstoffmaske trommeln müssen...

Aktuelle Lektüre: Marcel Reich-Ranicki: "Mein Leben"

Montag, 28. Dezember 2009

"Die Orestie" im Mainfrankentheater

Mit "Die Orestie" von Aischylos hat das Mainfrankentheater Würzburg ein unglaublich beeindruckendes und faszinierendes Mammutprojekt auf die Bühne gestemmt, das man in dieser Form wohl selten zu Gesicht bekommt. Uralt ist der Stoff dieser Tragödientrilogie, aber noch immer packend, ergreifend und bewegend. 458 vor Christus gewann Aischylos mit seinem Werk einen Dramen-Wettbewerb und wir dürfen uns glücklich schätzen, dieses Werk noch heute zu haben, denn es ist die einzige noch komplett erhaltene Trilogie.


Das Mainfrankentheater hat alle drei Teile dieses beachtlichen Werkes gezeigt, jeder Teil wurde dabei von einem anderen Regisseur betreut. Fast das komplette Ensemble war an dieser Produktion beteiligt, nebenbei noch etwa 70 Würzburgerinnen und Würzburger, die den Bürgerchor darstellten - eine schöne Geste, denn, wie Intendant Hermann Schneider gestern noch auf der Bühne betonte, ein Theater gehört schließlich auch der Stadt und damit den Bürgern und das Stück bot eine tolle Gelegenheit, die Bürger nicht nur im Zuschauerraum, sondern auch auf der Bühne zu versammeln. Dass im Vorfeld gemeinsam intensiv geprobt und an der Gruppendynamik gearbeitet wurde, bewiesen die Würzburger dann auch auf ganzer Länge und verliehen dem Stück damit eine ganz besondere Kraft. Überregionale Medien hielten es wohl nicht für nötig, von diesem tollen Projekt zu berichten und natürlich gab es wieder die üblichen Nörgler. Für Würzburg eben nichts Neues.


Dass eine Aufführungsdauer von fünf Stunden keineswegs abschreckt, bewies gestern das volle Mainfrankentheater an der letzten von insgesamt 17 Vorstellungen. Während Stephan Suschke im ersten, düsteren und leicht bedrückenden Teil "Agamemnon" eher auf statisches Spiel mit grotesken und überzogenen Gesten setzt, um das Gewicht der Worte in den Vordergrund zu stellen, geht es im von Schauspieldirektor Bernhard Stengele inszenierten zweiten Teil "Die Choephoren" sehr dynamisch und lebendig zu, nicht zuletzt durch den sehr großen Chor der Frauen, angeführt von Anna Sjöström. Stengele hat ohnehin ein Händchen für freche Details, Dynamik und Frische, wie er schon oft bewiesen hat. Im dritten Teil, "Die Eumeniden" kommt es dann zum großen Showdown vor dem Göttergericht, Athene und Apollon führen Orest durch den Prozess.

Allesamt waren sie gut, allesamt haben sie sichtbar ihr Bestes gegeben und das, obwohl vorher angekündigt worden war, dass drei Schauspieler gesundheitlich angeschlagen waren - davon war jedenfalls nichts zu merken. Besonders beeindruckend gab Maria Brendel die Klytaimnestra, die schon alleine durch ihre wunderbar rauchige Stimme, ihre ausdrucksstarke Mimik und sorgsam gewählte Betonungen den alten antiken Versen die nötige Gewalt zu verleihen wusste, Christian Manuel Oliveira als Orestes war ein wahres Energiepaket und zeigte, was in ihm steckte. Anna Sjöström, die auch den vierten Teil, ein anschließendes Satyrspiel als Regisseurin betreute, wusste als Chorführerin durch Körpersprache und Gestik ihren Worten Gehalt zu verleihen und Kai Markus Brecklinghaus als Chorführer und als Apollon zeigte zwei schön gegensätzliche Rollen - den Krieger, der die Last der langen Schlachten auf den Schultern trägt und den verschmitzten, goldenen Gott Apollon. Edith Abels gab mit verschmitztem Lächeln und ernster Tragweite die Athene. Schön ist auch die Tatsache, dass Anne Diemer nun festes Ensemblemitglied ist, eine neue ausdrucksstarke und facettenreiche Frau schadet dem Mainfrankentheater Würzburg keineswegs.

Ein Stück, dass sich wirklich gelohnt hat, das begeistert und gefesselt hat. Eine tolle Idee jedenfalls, sich mit Mut an so eine große Aufgabe zu wagen und sie dann so zu meistern, wie in Würzburg. Mehr davon...!

Übrigens: das Mainfrankentheater (von dessen Homepage auch die beiden Bilder sind) hat jetzt auch einen eigenen Channel auf youtube. Lohnt sich. Und spricht vielleicht auch mal die jungen Leute an, um den Zuschauerraum ein wenig zu entgreisen ;)

Aktuelle Lektüre: Marcel Reich-Ranicki: "Mein Leben"

Dienstag, 22. Dezember 2009

Kalauer mit Lametta

Treffen sich zwei Rosinen. Fragt die eine die andere: "Warum trägst du denn einen Stahlhelm?" - Sagt die andere Rosine: "Ich geh doch gleich in den Stollen..."

Treffen sich zwei Gänse. Fragt die eine die andere: "Glaubst du an ein Leben nach Weihnachten?"

Zwei Lebkuchen wollen über die Straße laufen. Der eine geht los und wird platt gefahren. Der andere bricht weinend am Straßenrand zusammen und brüllt: "Leeeb, Kuchen!!"

Unterhalten sich zwei Freunde: "Ich weiß jetzt, was ich meiner Frau zu Weihnachten schenke, nämlich einen Lippenstift!" Meint der andere: "Das ist praktisch, nach und nach kriegst du ihn wieder."

Fragt Fritz den Nikolaus: "Du, musst du dein Gesicht eigentlich auch waschen oder nur kämmen?"


Aktuelle Lektüre: Mathias Malzieu: "La Méchanique du Coeur"

Weihnachten hui


Plätzchen, die gerade aus dem Ofen kommen.
Christbaumschmuck aus Kindertagen.
Heimlich vom rohen Teig naschen und sich dabei diebisch freuen, weil man gerade etwas macht, was man eigentlich nicht darf.
Anderen eine Freude machen.
Die wohlige Wärme von Glühwein im Bauch.
Sich Zeit für gute Freunde nehmen.
"Schöne Bescherung" mit Chevy Chase. Einfach Kult.
Über den Weihnachtsmarkt schlendern.
Dominosteine.
Zufriedene Gesichter und strahlende Mienen.
Die Kinderklassiker, die wieder im Fernsehen kommen.
Das Rascheln von Geschenkpapier.
Rolf Zuckowski.
Schokonikoläuse von Milka.
Alte Bekannte wieder treffen.
Erleuchtete Fenster.
Gebrannte Mandeln und Bratäpfel.
Gewürzspekulatius.
"Die Feuerzangenbowle" mit Heinz Rühmann.
In den Ferien ewig lang in Schlafklamotten bleiben.
Schnee, der schön knirscht.

Aktuelle Lektüre: Marcel Reich-Ranicki: "Mein Leben"

Magic Happens N° 3

Und wieder einmal gibt es ein weiteres Video aus der Werbekampagne für die magische Welt von Disney. Dieses Mal sehen wir ein älteres Pärchen bei einem nachdenklichen Moment - was die Jury in Cannes sichtlich beeindruckte und dem Commercial die Silbertrophäe einbrachte.



In diesen Tagen startet im Kino auch ein neuer Film aus der Traumfabrik, was vor allem die ein wenig älteren Disneyfans interessieren könnte. Während die jüngeren Generationen von Disney eigentlich nur noch die animierten Abenteuer à la "Findet Nemo" und "Toy Story" kennen dürften, sowie die eckigen und knallbunt gestalteten Figuren aus Filmen wie "Herkules" oder "Ein Köngreich für ein Lama", die doch alle relativ flach waren, erinnert man sich noch gerne an die wirklich bewegenden und liebevoll gestalteten Streifen wie "Der König der Löwen", "Die Schöne und das Biest" oder "Das Dschungelbuch". Dass es schon lange keinen Film mehr in dieser Machart gab, scheinen wohl auch die Produzenten und Zeichner von Disney endlich einmal gemerkt zu haben und bringen nun nach mehrjähriger Arbeit "Küss den Frosch" ins Kino. Wie der Name schon vermuten lässt, handelt es sich um eine recht freie Version des Märchens "Der Froschkönig", aber der alte Disneycharme dürfte wieder begeistern: handgezeichnete Figuren wie aus den Zeiten von einst, schöne Bilder, sprechende Tiere und natürlich Songs und Musik. Weitere Neuerung, wir werden ja modern: die erste dunkelhäutige Disneyprinzessin. Für die Weihnachtstage könnte sich ein Kinobesuch also lohnen...

Aktuelle Lektüre: Mathias Malzieu: "La Méchanique du Coeur"

Freitag, 4. Dezember 2009

Le Concert


Wohl einer der besten Filme des Jahres ist der derzeit in Frankreich zu sehende Kinofilm "Le Concert", unter anderem mit der Schauspielerin Melanie Laurent, die zuletzt als nach Rache sinnende Kinobesitzerin in "Inglorious Basterds" zu sehen war. Der Russe Andrej Filipov war einst einer de größten Dirigenten seiner Zeit, wurde aber während eines Konzertes öffentlich gedemütigt und seines Amtes enthoben, weil er unter anderem mit den Juden solidarisierte. Seit da an fristet er als Putzmann sein Dasein im Moskauer Bolschoi-Theater, bis ihm eines Tages ein Fax in die Hände fällt: eine Einladung des "Théâtre du Châtelet" nach Paris! Weil Filipov der Meinung ist, dass das wirkliche Bolschoi-Orchester zu nichts taugt, setzt er alles daran, seine alten Freunde aus seiner Zeit als Dirigent zusammen zu trommeln, um an Stelle des echten Orchesters nach Paris zu fahren. Alles streng geheim natürlich. Doch Filipov begibt sich damit nicht nur auf eine Reise in den so heiß geliebten Westen und das faszinierende Paris, sondern auch auf eine Reise zurück in seine eigene Vergangenheit. Und schon bald stellt sich heraus, dass es da noch einige Hindernisse gibt, bevor die Russen ihre Füße auf französischen Boden setzen dürfen...

Mit einer herzerwärmenden Leichtigkeit, einer ordentlichen Portion Charme und einer kaum beschreibbaren Gabe, mit der Kamera kulturelle Klischees und zwischenmenschliche Eigenheiten aufzufangen, machen den Film zu einem unglaublichen Erlebnis, alleine das Leuchten in den Augen der alteingesessenen Musiker, die zusammengetrommel werden, ist schon einen Filmbesuch wert. Ein definitives Highlight des Kinojahres 2009 und wir dürfen hoffen, dass auch bald eine deutsche Übersetzung des Films anläuft.

Aktuelle Lektüre: Eric-Emmanuel Schmitt: "Odette Toulemonde et autres histoires"