Sonntag, 27. September 2009

Aufbruch in die Ferne

Heute geht es los. Koffer und Taschen sind gepackt, sämtliche Dokumente und Ansichtsmaterial für die Französischen Kiddies sind verstaut. Was bleibt, ist Aufregung im Bauch und eine Mischung aus Vorfreude, Nervosität und ein bisschen Verabschiedungsschmerz. Heute Abend wird die französische Grenze überfahren, deutscher Boden erst wieder im Dezember betreten. Was Frankreich so bietet, was es da an Kultur gibt und welche lustigen Geschichten sich dort verstecken, wird hier natürlich zu lesen sein und wir wollen natürlich auch die deutsche Kulturlandschaft nicht außer Acht lassen. Stolpersteine gibt es schließlich genug...

Aktuelle Lektüre: Stieg Larsson: "Vergebung"

Samstag, 26. September 2009

"Der nackte Wahnsinn" im Chambinzky Würzburg


Der Herbst steht vor der Tür, die Tage werden kürzer, das Wetter grauer. Miesewetter lässt glücklichweise noch auf sich warten. Wer vor der anstehenden Winterdepression noch seine Lachmuskeln auf Vordermann bringen will oder schon lange mehr kein urkomisches Theaterstück besucht hat, sollte sich unbedingt die Komödie "Der nackte Wahnsinn" im Chambinzky-Theater Würzburg ansehen.

Autor Michael Frayn schrieb eine Komödie über die Komödie, die Regisseur Johannes Friesenegger mit einem unglaublichen Einsatz, der sich sehen lassen kann, temporeich und unheimlich witzig inszeniert hat. Hut ab vor dem stimmigen und teamfähigen Ensemble, sich durch eine solch verknotete und verwirrende Story mit sieben (!) zu öffnenden und zu schließenden Türen, allerlei Krimskrams und einer um 180° drehbaren Bühne zu kämpfen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen und wer gerne lacht, sollte vor der Vorstellung noch mal aufs Klo gehen, denn die abgefahrene Handlung hat es in sich: die Nerven liegen total blank bei Regisseur Lloyd Ferdinand Dallas (immer wieder gern auf Würzburgs Kleinbühnen gesehen: Wolfgang Stenglin), denn sein Stück "Nackte Tatsachen" hat in ein paar Stunden Premiere und irgendwie scheint noch gar nichts zu klappen, von den Auf- & Abgängen angefangen bis hin zu den privaten Wehwechen der einzelnen Schauspieler. Liebesgeschichten, private Probleme, eine Flasche Whiskey und einige falsch vergebene Blumensträuße sind nur ein kleiner Teil in dem riesigen Chaos, das sich dem Zuschauer bietet und der quasi ein Stück im Stück miterleben darf, das im zweiten Akt sogar von der Rückseite des Bühnenbildes zu bewundern ist, dadurch aber nicht weniger lustig ist; im Gegenteil, es kommt immer noch schlimmer als man eigentlich denkt. Dabei belustigt und erheitert jeder Charakter auf seine eigene, bezaubernde Weise: Talia von Bezold als divenhafte Dorothea "Dotty" A. Weißmantl, die durch ihren charmanten fränkischen Akzent auf der Bühne auf der Bühne (nein, stimmt wirklich, nicht verschrieben) begeistern kann, Hubertus Grehn als jovialer Garry Lejeune und Norbert Straub als schwäbisch schwätzender Einbrecher. Überraschend komisch und immer wieder für einen Lacher gut ist das Gespann Siegfried Kockert und Monika Schiefer: geben sie beide auf der Bühne auf der Bühne mit großen Tönen das sehr von sich überzeugte Liebespaar, so ist sie im wahren Leben hibbelig und schwatzhaft und hüpft mit Goldkettchengeklimper über die Bühne, während er mit hoher Stimme und schüchterner Art kaum einen Ton herausbringt. Ergänzt wird die gut durchdachte, goldig besetzte Truppe durch die dümmlich-naiv-nette Mia von Ahlbeck und Valentina Beyer und Philipp Roswora, die als Regieassistenz und unbeholfener Praktikant in dem ganzen Chaos mitmichen.

Wer selbst schon einen durchaus anstrengenden Probenmarathon hinter sich hatte, selbst Theater spielt oder macht oder sonst mit Probensituationen zu tun hatte, wird in den überspitzt dargestellten Problemchen und Tücken einiges wieder erkennen, aber auch Zuschauer mit weniger Bezug dazu kommen hundertprozentig auf ihre Kosten. Regisseur Johannes Friesenegger hat jedenfalls ganze Arbeit geleistet und die sicherlich nicht einfach umzusetzende Komödie mit sehenswerten Ideen, Liebe zum Detail, ordentlich Schmackes und einer goldigen Charakterformung auf die Beine gestellt. Bei dieser charmanten und turbulenten Farce über die Farce bleibt sicherlich kein Auge trocken und wer "Der nackte Wahnsinn" noch nicht gesehen hat, sollte diese Kultkomödie im Chambinzky unbedingt ansehen. Karten sind sehr schnell weg, also zugreifen! Das Stück läuft noch bis einschließlich 31.10. Ich selbst mach mir jetzt eine Dose Sardinen auf...


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Donnerstag, 24. September 2009

"Maria Stuart" in der werkstattbühne Würzburg


Schillers "Maria Stuart" in der Kammer? Geht das denn? Ja, es geht, beweisen derzeit Regisseur Hermann Drexler und seine Truppe in der werkstattbühne Würzburg. Auf kleinem Raum und für die Zuschauer in den Reihen des engen Kellergewölbes fast zum Greifen nah wird der berühmte Stoff um den Konflikt der beiden englischen Königinnen Maria Stuart und Elisabeth von England in einer sehr sehenswerten Inszenierung gezeigt. Ordentlich zusammengestrichen, mit einer minimalen Anzahl an Requisiten und Kulissen, dafür aber mit einem gut und passend besetzten Ensemble kann das Stück, modern aufgepeppt aber glücklicherweise nicht pseudo-zeitgemäß umgesetzt, durch originelle Einfälle und Interpretationen begeistern. Noch eben tanzt Maria Stuart unbefreit auf dem Bürostuhl, einem der wichtigsten Elemente der Bühne, Fesselort für Maria zum einen, Thron für Elisabeth zum anderen, da wird sie überwältigt und auf den Stuhl gefesselt. Zusammen mit Mortimer und dem später eingeweihten Graf von Leceister beginnt Maria, um ihre Unschuld und ihr Leben zu kämpfen. Angela Leupold als Maria und Bettina v. Hindte als Elisabeth ergeben nicht nur rein optisch bereits ein sehr interessantes Gegensatzpaar an Königinnen, sondern auch stimmlich und schauspielerisch, wobei jede auf ihre eigene Art zu überzeugen weiß. Bernd Stollberger gibt den am Ende scheiternden Mortimer sehr emotional und ergreifend, Patrick Obrusnik und Stephan Ladnar liefern ein stimmiges, aber facettenreiches und sehenswertes Bild der männlichen Hauptfiguren. Wie jeder weiß, kann Maria Stuart nichts mehr retten. Am Ende bleibt eine um Fassung ringende Elisabeth, die auf einmal ganz alleine in ihrem Büro steht...Schiller mal als Thriller - noch bis 21. November in der Werkstattbühne.

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Dienstag, 22. September 2009

Wide open spaces

Endlich ist der Papierkram vollständig, die letzten Dokumente da, die ganzen Karten, Flyer, Prospekte und Ansichtsmaterialien geordnet und verpackt. Wörterbücher, Nachschlagewerke und die bisher kaum gefüllte Dunkin'-Donuts-zu-einer-Vokabelschachtel-umfunktionierte Box sind auch schon in der Kiste. Klamotten folgen am Wochenende. Der Tag der Abreise rückt immer näher und allmählich rührt sich da so ein komisches Gefühl in der Magengegend, eine Mischung aus Angst, Aufregung, Sentimentalität, Nervosität und Melancholie. Es geht raus, es geht nach draußen, es geht auf in eine unbekannte Fremde. Wide open spaces. Room to make your own mistakes...if these are life's lessons, you'll take this test.



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Mittwoch, 16. September 2009

Fulda

Am Wochenende durfte ich in den Genuss kommen, die schöne Domstadt Fulda kennen zu lernen. Die ist wirklich sehr schön und wäre auch eine coole Unistadt, in der es sich aushalten ließe. Neben einer echt gemütlichen Altstadt mit urigen Cafés und Kneipen begrüßt einen außenherum die erholsame Landschaft der Rhön - perfekte Kulisse für idyllische Heimatfilme. Auch das Nachtleben musste erkundet werden, tagsüber lädt der Schlosspark mit passendem Rahmen (eine Konstruktion, in die man sich stellen kann, um coole Fotos zu machen) zum Pausieren ein. Was man in Fulda machen sollte:

- die schöne Altstadt-Apotheke besuchen
- sich in den Rahmen im Schlosspark stellen und lustige Bilder machen
- in den Dom gehen und die Bonifazius-Gruft angucken. Bonifazius gilt übrigens als "Apostel der Deutschen". Außerdem gibt es über dem Altar Darstellungen der vier Evangelisten, von denen einer einen dreidimensionalen Fuß hat. Es sieht fast aus, als wäre dahinter jemand eingemauert...
- raus aufs Land fahren
- studentisch essen im "Academia"
- an einem Schoppenturnier mitmachen, wenn möglich
- im Stadtwächter ein Apfelbier trinken
- eine Postkarte schreiben
- die alte und urige Michaelskirche anschauen, die ist sehr interessant und mit eine der ältesten Kirchen Deutschlands
- im "Rädchen" einen Kaffee trinken
- in der Altstadt den UBoot-Führerschein machen (wird recht prozentig)
- Spazierengehen, um einen schönen Ausblick auf die Stadt zu haben (von einem Berg aus)

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Dienstag, 15. September 2009

Goodbye Patrick

Er hat eine ganze Generation von Frauenherzen dahinschmelzen lassen und tut es zumindest immer noch, wenn "Dirty Dancing" im Fernsehen ausgestrahlt wird. Recht cool war er übrigens auch in einer seiner letzten sehenswerten Rollen, dem Episodenfilm "11:14" mit Hilary Swank sowie natürlich dem Hammerkultfilm "Donnie Darko". Daher noch einen der schönsten Songs aus "Dirty Dancing"...



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Fernsehen mit Ehrensenf

Schon mal von "Ehrensenf" gehört? Nein? Dann sollte man das schleunigst ändern, denn man kann "Ehrensenf" nicht verpassen, man kann nur noch nicht dazu gekommen sein, es gesehen zu haben. Hinter dem Namen verbirgt sich eine Fernsehserie aus dem Internet, die jeden Tag in etwa vier Minuten mal bissig, mal humorvoll, mal sarkastisch, mal galant und auf jeden Fall immer unterhaltsam Kurioses, Wissenswertes, Interessantes und Schockierendes aus der Welt der Nachrichten und des Internets verbreitet. Die Sendung hat das amerikanische Format "Rocketboom" als Vorbild und hat schon einige kleine Preise eingeräumt. Vorbeiklicken lohnt sich auf jeden Fall...und "Ehrensenf" wandert der Ehre wegen auch schon mal nach rechts in meine Linkliste...

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Judith Hermann las im Schloss


Wer aufmerksam die Regionalzeitung gelesen hatte und ein wenig literaturinteressiert ist, dem ist sicherlich nicht entgangen, dass Judith Hermann sich gestern im Bad Mergentheimer Deutschordensschloss im Roten Saal die Ehre gegeben hat, aus ihrem neuen, mittlerweile dritten Buch "Alice" vorzulesen. Die 39jährige Berlinerin wurde 1998 mit ihrem Buch "Sommerhaus, später" auf einen Schlag berühmt, ihr Werk wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Literaturförderpreis der Stadt Bremen und dem Kleist-Preis. 2003 kam ihr zweites Buch heraus, "Nichts als Gespenster", das in Auszügen auch für das Kino verfilmt wurde. Jetzt ist sie wieder da, mit einem neuen Buch, "Alice".

Was Judith Hermann so grandioses gelungen ist, ist erst einmal die Tatsache, dass sie es überhaupt geschafft hat, in so einem Genre wie Kurzgeschichten in Deutschlanf Fuß zu fassen. Während im angelsächsischen Raum die so genannten "Short Stories" sich großer Rezeption erfreuen, sind die Deutschen noch eher Romanleser und wagen sich selten an die kleinen, in sich abgeschlossenen Erzählungen, die sich oft nur über wenige Seiten erstrecken. Glücklicherweise gelang es in letzter Zeit immer wieder einigen Autoren, diese Sparte ein wenig wieder zu beleben, darunter beispielsweise Miranda July mit ihren "Zehn Wahrheiten", übrigens großartig und unbedingt zu empfehlen. Hoffen wir, dass es noch mehr mutige Schreiberlinge geben wird, die sich an diese Sparte der Literatur wagen!

Leise, eindringlich, sanft und mit einer sprachlichen Nüchternheit, die einen umgehauen hat, wusste Judith Hermann aus ihrem Buch vorzulesen. Gerade ihr Auge für das Detail und die Fähigkeit, Dinge auszudrücken, indem sie nicht darüber spricht, ist irgendwie unheimlich und weiß zu begeistern. In ihren Geschichten in dem Buch "Alice" geht es jeweils um den Tod einer Figur, einziges Bindeglied zwischen diesen ganzen Geschichten ist die Hauptfigur Alice, die damit klar kommen muss, dass die Menschen um sie herum sterben. Wie nimmt man so einen Moment denn in sich auf? Was bleibt von dem, der gehen muss? Wie kommt man mit diesen zwei Zeitebenen zurecht - auf der einen Seite bleibt die Zeit für den Sterbenden stehen, während auf der anderen Seite das Leben einfach weitergeht? Ungemein plastisch und greifbar lies Judith Hermann in ihrer zweiten Geschichte "Konrad" einen anfangs idyllischen Italienurlaub durch den Tod eines alten Freundes aus der Bahn geraten - Alice schwimmt am Ende der Geschichte im kalten See, sie "verliert den Boden unter den Füßen".

Judith Hermann machte Lust auf mehr (ich hab jetzt auch ein signiertes Exemplar ihres Debütwerkes, *freu*) und wusste auch bei der anschließenden Fragerunde auf eine verständliche und nachvollziehbare Art und Weise von ihrem Schreiben und ihrem Denken zu berichten. Ein bereichender Abend.

Aktuelle Lektüre: Stieg Larsson: "Vergebung"