Sonntag, 18. April 2010

Solidarität für das Wuppertaler Schauspiel


In Wuppertal brodelt es. Vor drei Wochen waren tausende Menschen auf der Straße, demonstrierten, protestierten, machten ihrem Ärger Luft. Zum Welttheatertag am 28. März hatten über 50 Bühnen aus ganz Deutschland Abordnungen in die Stadt Wuppertal geschickt, um sich an den Protesten und Kundgebungen zu beteiligen. Der Grund: Wuppertal ist hoch verschuldet und muss dementsprechend Einsparungen vornehmen. Diesen Maßnahmen soll auch das Wuppertaler Schauspielhaus zum Opfer fallen, zahlreiche Arbeitsplätze wären damit in Gefahr. Über 5.000 Menschen bildeten eine Kette, Schüler sangen "Es ist vorbei-bei-bei Wuppertal", viele trugen gelbe T-Shirts.

Lesungen, Ausschnitte aus Stücken, Videoeinspielungen, szenische Darbietungen - die bisher größte Souveränitätsaktion deutscher Bühnen seit langem vereinte auch namhafte und aktuelle Produktionen wie die umstrittene Hartz-IV Inszenierung aus Volker Löschs "Marat was ist aus unserer Revolution geworden" aus Hamburg, in dem Hartz-IV-Empfänger auf der Bühne eine Liste der reichsten Hamburger samt ihres Einkommens verlesen, ebenso die aus Köln angereisten "Kontrakte des Kaufmanns" von Elfriede Jelinek, auch das Wuppertaler legendäre Tanztheater von der kürzlich verstorbenen Pina Bausch war mit von der Partie. Armin Rhode kam auf dem Motorrad vorbei und sprach vor der versammelten Menge, warnte vor den Folgen, die "Seele einer Stadt" zu schließen. "Macht euch klar, was damit passiert!" Regisseur Roger Vontobel trug beim Schlussapplaus der Premiere seines "Don Carlos" in Dresden ein Solidaritäts-T-Shirt und setzte damit ebenfalls ein Zeichen.


In den von der Finanzkrise gebrandmarkten Zeiten fallen derzeit überall kulturelle Projekte und Einrichtungen den Einsparungen zum Opfer. Ein städtisches Theater zu schließen, hat sich aber bisher noch niemand getraut. Darum blickt derzeit die deutsche Bühnenwelt nach Wuppertal, denn die Schließung des Schauspiels könnte einen schrecklichen Dominoeffekt zur Folge haben. Ein schleichender Tod? Vielleicht kann doch noch etwas erreicht werden, doch die Situation bleibt angespannt. Wuppertal ist nicht das einzige Theater, das von den Etatkürzungen bedroht ist. Die Intendanten werden jedenfalls auf die Barrikaden gehen und überlegen, wie man sich am Besten dagegen wehren kann. Vielleicht gibt es ja noch Hoffnung...

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