Samstag, 25. Dezember 2010

"Die lustigen Weiber von Windsor" in der Werkstattbühne Würzburg


Sir John Falstaff hat nicht mehr viel zu lachen, seid die beiden Damen Ford und Page sein billiges Spiel durchschaut haben – beide erhielten von ihm vollkommen identische Liebesbriefe und beschließen nun, sich an Falstaff zu rächen. Zur Seite stehen ihnen dabei die gewitzte Wirtin aus Falstaffs Lieblingsschänke und ein beflissenes Dienstmädchen, das aus dem ganzen Trubel auch noch eigenen Profit zu ziehen weiß.


Doch damit nicht genug, es gibt noch einen weiteren Handlungsstrang: die kleine Anne Page sieht sich vor drei verschiedene Liebhaber gestellt, die sie umwerben und ihre Meinung stimmt auch leider nicht mit der ihrer Eltern überein. Kann sie letztendlich den mittellosen Fenton als Ehemann gewinnen?


Die Motive sind keine neuen typisch Shakespeare eben: Liebe, List, Eifersucht, Geliebtseinwollen, Schadenfreude…und wie so oft durchschauen die einfachen Diener und das Gesindel das Spiel zuerst, Liebespaare, die zusammen gehören, finden sich natürlich auch und die Männer bleiben letztendlich die Gehörnten, an der Nase herumgeführt von ihren pfiffigen Gattinnen. Wieso dann überhaupt noch anschauen?


Eben weil es so viel Spaß macht, bei diesem Reigen zuzusehen und weil das stimmige Ensemble der Werkstattbühne einhellig die Spielfreude in den Publikumsraum hinüberwandern lässt. Das „Weiberduo“ Dagmar Schmauß und Ulla Seebode spielt sich wunderbar die Bälle zu und ihr Gelächter scheint mehr als nur gespielt zu sein, wenn sie wieder einmal Wolfgang Stenglin als Falstaff, ausgestattet mit hübscher Perücke und stets vergeblich bemüht, sich aus dem Schlamassel zu retten, in die Irre führen. Doch auch die Nebenfiguren brillieren, wie etwa Christof Stein als Simpel, Tobias Illing als herrlich affektierter französischer Doktor oder Stephan Ladnar, der dem walisischen Pfarrer überzeugend Leben einhaucht. Auch Maria Papadimitrou in der Rolle des Dienstmädchens oder Cornelia Wagner als hübsch burlesk gekleidete Wirtin verleihen dem Schabernack ein sympathisches Gesicht.


Der Truppe ist ein buntes Verwirrspiel gelungen, in dem sich alle miteinander verstricken, mitmischen, profitieren oder leer ausgehen und am Ende löst sich doch alles zum Guten. Shakespeare funktioniert auch dieses Mal – sogar in einem kleinen engen Keller mit bescheidenem Bühnenbild und wenig Requisiten. Die sind auch gar nicht nötig, denn die Figuren nehmen sich den Platz, der noch da ist und das mit vollem Recht.

Das Stück läuft noch bis zum 22. Januar immer Mittwoch, Freitag, Samstag und Sonntag. Danach ist die „Offene Zweierbeziehung“ von Dario Fo zu sehen.


Aktuelle Lektüre: Reif Larsen: "Die Karte meiner Träume"


Samstag, 27. November 2010

Plastikgetrommel

Blauköpfige Typen, die auf PVC-Rohren herumtrommeln und dabei viel Farbe herumspritzen, sind nichts neues mehr, seit die "Blue Man Group" auch Berlin und Oberhausen erobert hat. Doch der Nachwuchs lässt nicht lange auf sich warten. So gewann der 17jährige Kent Jenkins sehr viel Aufmerksamkeit bei der diesjährigen Staffel der Castingshow "America's Got Talent", und das zu Recht. Aber seht selbst.



Aktuelle Lektüre: Jonathan Littell: "Die Wohlgesinnten"

Sonntag, 7. November 2010

The Ballad of Mary & Ernie


"The Ballad of Mary & Ernie" ist eine ziemlich witzige und schräge Webserie, die bisher in fünf Episoden zu sehen ist. Wilder Westen ist Hauptthema und paart sich mit verrückten Ideen wie Killerschafen oder gemeingefährlichen Spinnen. Besonders witzig: Marshall Ernie ist sprichwörtlich "The Biggest Man in Town" und sorgt in der kleinen Spielzeugstadt irgendwo in der wilden Wüste für Recht und Ordnung. Bis er eines Tages die Bekanntschaft mit Mary macht...

Die Serie wurde schon mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet und war unter anderem in der Auswahl des "Beverly Hills Film & New Media Festival 2010" sowie beim "Independent Television Festival". Auch die Homepage bietet einige Specials: nicht nur die Episoden können hier angesehen werden, sondern es gibt auch Interviews mit sämtlichen Darstellern (inklusive der Spielzeugpuppen, Schafe und Pferde), Fotos und Beschreibungen der Charaktere und weitere gut gemachte Credits.

Aktuelle Lektüre: Jonathan Littell: "Die Wohlgesinnten"

Freitag, 5. November 2010

Mysterious Mickey

Wer kennt sie nicht, die Stars aus den Lustigen Taschenbüchern, den Mickey-Mouse-Heftchen und den zahlreichen coolen Zeichentrickserien, die immer früher im Disney-Club liefen, bevor sie von der schrecklichen Tigerente und Bewegungslegastheniker Günter Kastenfrosch abgelöst wurden: "Duck Tales", "Käpt'n Balu", oder "Darkwing Duck" kennt wohl jeder oder einfach die wenige Minuten dauernden Cartoons mit Goofy, Mickey und Co. Doch wie neulich bei einem typischen spätabendlichen Tischgespräch fest gestellt, gibt uns Disney auch zahlreiche Rätsel auf, die nach einer Antwort verlangen:
  • warum läuft Donald Duck ohne Hose herum und hat damit auch kein Problem, ist beim Duschen aber stets darauf bedacht, sich ein Handtuch umzuschlingen?
  • wenn Goofy wirklich ein Hund ist und Clara eine Kuh, dann wäre das ein sehr seltsames Paar. Außerdem ist Goofy genauso groß wie Clara..
  • wenn Goofy auch wirklich ein Hund ist, warum kann er dann sprechen, Pluto aber nicht?
  • warum gibt es in Entenhausen auch Menschen, die noch dazu genauso groß sind, wie alle anderen?
  • was für Tiere stellen die Panzerknacker dar?
  • wieso wird keiner misstrauisch, weil Tick, Trick und Track mit einem Onkel zusammen wohnen, der gerne Matrosenanzüge und keine Hose trägt?
  • wieso können Tick, Trick und Track sowie Donald, Dagobert & Co. theoretisch ertrinken, wo Enten doch alleine aufgrund ihrer Fettschicht schwimmen können müssten?
  • wie passt Daisy Duck mit ihren Flossen in die rosafarbenen Stöckelschuhe?
Ob sich die Liste wohl noch fortführen lässt?

Aktuelle Lektüre: Jonathan Littell: "Die Wohlgesinnten"

Donnerstag, 4. November 2010

Tolle Presse

Was einem nicht so alles auffällt, wenn man sich durch die Seiten diverser Magazine klickt...so kann die Meldung eines Triebwerkausfalls und einer damit verbundenen Notlandung einer großen Passagiermaschine ganz ungeahnte katastrophale und reißerische Ausmaße annehmen. Hier die Meldung von der Homepage des Spiegel...

Und im Vergleich dazu die Aufmachung über den gleichen Vorfall auf der Seite unserer heiß geliebten Bild. Wenn Phillip Lahm sie aber liest, müssen die definitiv recht haben.


So viel zum Thema "Bild dir deine Meinung"...

Aktuelle Lektüre: Jonathan Littell: "Die Wohlgesinnten"

Mittwoch, 3. November 2010

Weltmännertag!

Heute ist Weltmännertag! Gewusst? Wahrscheinlich nicht...Und wem haben wir es zu verdanken? Kein geringerer als Michail Gorbatschow ist Schirmherr dieses Tages, den es seit dem Jahr 2000 gibt. Schwerpunkte sollen vor allem die Bewusstwerdung der Gesundheit sein (Männer leben im Schnitt sieben Jahre weniger als Frauen, das wird wohl auch der Grund sein, warum es heute nirgends Freibier gibt...). Weitere Themen sind Zukunftsplanung und Bundeswehr.
NIVEA hat vor einigen Jahren einmal eine schöne Postkarte herausgebracht, sie trägt den Titel "10 Gründe, warum es schön ist, ein Mann zu sein":
  • Telefongespräche sind innerhalb von 30 Sekunden beendet.
  • Beim Zappen bleibst du nicht hängen, wenn jemand weint.
  • Für einen 5-Tage Urlaub reicht ein Handgepäck.
  • Du kannst alle Marmeladengläser selbst öffnen.
  • Keiner unterbricht seinen guten schmutzigen Witz, wenn du den Raum betrittst.
  • KfZ-Mechaniker erzählen dir die Wahrheit.
  • Dich interessiert nicht, ob jemand merkt, dass du beim Friseur warst.
  • Drei Paar Schuhe sind mehr als genug.
  • Wenn jemand vergisst, dich einzuladen, ist er nach wie vor dein Freund.
  • Graues Haar und Falten verstärken deinen Charakter.
Aktuelle Lektüre: Jonathan Littell: "Die Wohlgesinnten"

Dienstag, 2. November 2010

Tigakäfig

Elektro ist ja gerade wieder ziemlich angesagt. Was früher noch in den 70er Jahren von "Kraftwerk" geboten wurde, war neu und eigenartig, heute gibt es Nebengenres wie Electro Funk, Electro Pop oder Electro Rock. Bands wie La Roux, Karotte, Tiefschwarz oder Mr. Oizo sind vielen ein Begriff. Auch der DJ und Musikproduzent "Tiga" aus Montreal in Kanada ist ziemlich gut. Jeder kennt bestimmt seinen Hit "Sunglasses at Night", mit dem er einen Hit aus den 80ern neu vertonte, doch man sollte auch unbedingt einmal in seine anderen Songs hineinhören. Die gibt es unter anderem auf seiner myspace-Seite zu hören. Sehr gut ist auch die Nummer "Shoes" und kommt zusammen mit einem abgefahrenen Video.



Aktuelle Lektüre: Jonathan Littel: "Die Wohlgesinnten"

Montag, 1. November 2010

Ziemlich heilig...

Schön war es, einmal wieder ein langes Wochenende zu haben. Allerheiligen sei Dank. Doch wer weiß genau, was sich hinter diesem Feiertag verbirgt? Warum müssen wir nicht arbeiten, sondern können noch einen gemütlichen Tag einschieben. Und wieso erzählen uns einige Bekannte, dass sie an diesem Feiertag auf den Friedhof gehen und die Gräber ihrer verstorbenen Verwandten besuchen?


Allerheiligen hat jedenfalls keinen Bezug zu einem biblischen Ereignis wie etwa Ostern, Pfingsten oder Weihnachten. Vielmehr liegt Allerheiligen in der christlichen Tradition - weil es mit der Zeit zu aufwendig war, jedem Heiligen an seinem speziellen Tag zu huldigen, einigte man sich im Lauf des ersten Jahrhunderts auf einen Tag, an dem allen Heiligen die gleiche Ehre erwiesen werden sollte. Dieser Tag galt "der Jungfrau Maria und allen Märtyrern". Auf die Gräber geht man eigentlich erst an Allerseelen, das am Tag darauf, am 2. November statt findet. Durch Fürbitten und Gebet sollte an diesem Tag das Leiden der armen Seelen erleichtert werden. Damit verbunden war auch die Gräbersegnung. Mit der Zeit wurde dies aber auch am Allerheiligenfest durchgeführt.

Am 31. Oktober feiert man dahingegen Halloween in Amerika und anderen Ländern Europas. Das Wort "Halloween" kommt von der Bezeichnung "All Hallows Eve" und bezeichnet damit den Vorabend von Allerheiligen, was wieder Bezug zum heutigen Feiertag herstellt.

Wieder ein bisschen unnötiges Wissen, mit dem sich in der nächsten Woche klugscheißen lässt...freuen wir uns auf vier Tage bis zum nächsten Wochenende.

Aktuelle Lektüre: Jonathan Littel: "Die Wohlgesinnten"

Sonntag, 30. Mai 2010

"Von Mäusen und Menschen" im Mainfrankentheater

Mit "Früchte des Zorns" verschaffte er sich endgültig einen Namen und gewann 1940 den Pulitzer-Preis, in den 60er Jahren folgte der Nobelpreis für Literatur. Er zählt zu den größten amerikanischen Autoren des 20. Jahrhunderts. Die Rede ist von John Steinbeck. Basierend auf seiner Novelle "Von Mäusen und Menschen" wurde eine Bühnenfassung erarbeitet, die derzeit im Mainfrankentheater zu sehen ist. Eine tolle, sehenswerte und sehr gelungene Produktion kurz vor der Sommerpause, die man sich noch anschauen sollte.

Das Stück behandelt auf sehr kritsche Weise die Idee des "American Dream". Wie so viele träumen auch die beiden Wanderarbeiter George und Lennie davon, sich irgendwann einmal mit angespartem Geld auf einem eigenen Stück Land niederlassen zu können. Doch die Realität auf den Farmen und der harte Arbeitsalltag rücken diesen Traum in kaum erreichbare Ferne, zudem hat Lennie noch ein ganz anderes Problem: er ist geistig zurückgeblieben, dafür aber bärenstark, weiß aber nur leider nicht mit dieser Kraft umzugehen. So zerquetscht er ausversehen Mäuse, wenn er sie streicheln will, weil er alles mag, was samtig und weich ist und diese ausgeprägte Vorliebe sorgte auch dafür, dass er und George von der letzten Farm flüchten mussten, weil die Frau des Farmbesitzers dachte, Lennie wolle sie vergewaltigen - derweil wollte er nur ihr Kleid anfassen.
George und Lennie kommen an eine neue Farm, die unter Fuchtel des Juniorchefs Curley steht. Curleys Frau treibt sich ständig in der Baracke herum, sucht das Gespräch, braucht "einfach mal jemandem zum Reden", sie selbst bleibt allein in dieser Männerwelt. Auch ihr Haar ist sehr weich und Lennie interessiert sich bald für sie...
Eintönig und hart ist die Arbeitswelt auf der Farm. Auf Rumhängen folgt Arbeiten, gefolgt von Rumhängen. Puffbesuche am Wochenende, Kartenspielen sind die seltenen Höhepunkte. Diese Tristesse spiegelt sich auch im Bühnebild wieder - eine drehbare Scheune, schlicht, farblos, kahl und unfreundlich. Man muss viel ertragen und einstecken können, braucht eine dicke Haut und starke Ellenbogen. So jemand wie Lennie ist da Fehl am Platz. Wer schwach ist, oder anders, zum Beispiel auch aufgrund seiner Hautfarbe, wird zum Außenseiter und von den anderen gemieden. Gefühle oder Zuneigung sind fehl am Platz, das muss Maria Vogt als Frau des Chefs sich sehr bald eingestehen und Träume zu haben, ist ohnehin Zeitverschwendung. Das erkennt ausgerechnet der schwarze Außenseiter Crooks (toll: Issaka Zoungrana), der, getrennt von den anderen, im Stall übernachten muss, unter seinem Fenster den Misthaufen.


Klaus Müller-Beck mimt den tapsigen Lennie, der wie ein großes Kind wirkt, brilliant und sehr überzeugend - die Hände kneten stets den Saum des Hemds, unruhiges Hin- und Herwiegen, Finger in die Ohren, wenn es laut wird. Eine grandiose und sicherlich keineswegs einfache Leistung, die einen großen Teil des Stücks trägt. Auch Christian Manuel Oilveira gibt den zurückgebliebenen und verstümmelten Candy glaubwürdig, ohne jemals zu überziehen. Georg Zeies erträgt als George die Eigenarten Lennies auf eine ruppige, bisweilen cholerische, aber doch fürsorgliche Weise und nimmt den großen Tölpel auch in Schutz, wenn es sein muss.

Obwohl das Stück schon zahlreiche Jahre alt ist, hat Regisseur Christoph Diem der Produktion einen zeitlosen und aktuellen Charakter verliehen, der bewegt und beschäftigt, nicht zuletzt der Schluss des Stücks geht auch dank der Leistung der Schauspieler unter die Haut und hinterlässt einen bleibenden Eindruck. Sollte man nicht verpassen.

Aktuelle Lektüre: Friedrich Dürrenmatt: "Der Richter und sein Henker"

Quelle der Bilder: Homepage Mainfankentheater

"Verzeihung, Ihr Alten" im Mainfrankentheater


Ans Altwerden denkt eigentlich keiner gerne. Ans Sterben schon mal gar nicht. Doch für die Bewohner der Altenpension "Frydendal" sind diese Themen allgegenwärtig. Christian Lollike bringt mit seinem Stück "Verzeihung Ihr Alten, wo finde ich Zeit, Liebe und ansteckenden Irrsinn?" ein Thema auf die Theaterbühne, über das man sich lieber auszuschweigen pflegt. Doch was, wenn man selbst einmal vor der Wahl steht, was man mit pflegebürftigen Eltern oder Ehepartnern zu tun hat? Was denken die Alten eigentlich? Und wovon träumen sie?
Don Otto und Biermann jedenfalls erträumen sich beim heimlichen Zigarrenrauchen im Garten Reisen in ferne Länder, an Strände und unter Palmen und wollen schließlich einen Turm bauen, um über die Ländereien schauen zu können. Frau Frauke, die engagierte Leiterin des Heims, ist gleich Feuer und Flamme für dieses Projekt, denn sie erhofft sich, auf diese Art "Frydendal" einen Namen zu verschaffen. Währenddessen verliebt sich der Pfleger Valentin in die Kleptomanin Vera, während seine anderen beiden Kollegen die Heimsbewohner bestehlen und ihre Beute im Garten verstecken. Der ganze Trubel kann der Sängerin gar nichts anhaben, sie wankt stets mit ihrer Windel über die Bühne, herausgeputzt wie für einen Opernauftritt. Und trotz Demenz, Altersschwäche und Flüssignahrung, scheint die Freude am Leben noch nicht verloren gegangen zu sein.
Das Stück ist anders, keine Frage, erhielt aber von der "Mainpost" zu Unrecht eine schlechte Kritik. Klar, das Thema ist unangenehm, vielleicht auch weil es früher oder später jeden betrifft. Christian Lollikes Stück ist zwar sehr direkt, kann aber durch gezielt gesetzte Pointen und einen augenzwinkernden Blick auf die Sorgen, Nöte und Ängste des Altwerdens den Stoff ein wenig verdaulicher gestalten. Die Würzburger Inszenierung bleibt dem auch treu und selbst wenn laut Pflegern "da Kacke auf dem Boden" liegt oder die Sängerin ihre Windel hinter sich her schleift (laut Regieanweisung ist sie eigentlich vollgeschissen), kommen noch keine Ekelgefühle auf. Die Inszenierung von Deborah Epstein erhält zusätzlichen Charme durch die beiden kleinen Kinder, die die Regieanweisungen verlesen und bewusst die Barriere zwischen Schauspiel und den damit verbundenen Anweisungen durchbrechen. Auch die Schauspieler fallen manchmal kurz aus ihrer Rolle und wenden sich dem Publikum zu.

Maria Brendel gibt die sprichwörtliche Glucke, die sich um ihre Lieben kümmert und es sich nicht nehmen lässt, die Anwesenden gerne mehrmals zu begrüßen, sei es durch ständiges "Mahlzeit!" oder "Morgen!" und gibt sich die größte Mühe, es den Bewohnern von "Frydendal" so angenehm wie möglich zu machen. Georg Zeies als Biermann und Max de Nil als Don Otto sorgen für einige Lacher und erinnern manchmal an die beiden Muppet-Opas vom Opernbalkon, während Maria Vogt der alten Kleptomanin Vera auf liebevoll-komische Art Leben einhaucht. Anne Simmering schwebt als Opernsängerin in ihrer ganz eigenen Welt und gewinnt sehr bald die Gunst des Publikums. Ein sehr schön umgesetztes und gegenwartsdramatisches Stück, das mit seinem ganz eigenen Charme und seinem Tiefgang zu begeistern weiß.

Letztmals ist die Produktion am 05. Juni zu sehen.

Aktuelle Lektüre: Friedrich Dürrenmatt: "Der Richter und sein Henker"

Quelle der Bilder: Mainpost


Herr Pfeffer sorgt für Geschmack...


Ein kleiner aber feiner Laden hat vor einiger Zeit seine Türen in Würzburg geöffnet und freut sich jetzt auf zahlreiche neugierige Besucher. Wer am Vierröhrenbrunnen auf seine Freunde wartet, die sich dann doch noch um eine Viertelstunde verspäten, oder nicht weiß, wo er nette und ausgefallene Geschenk-, Deko- oder Bekleidungsideen finden kann, sollte dort unbedingt einmal vorbeischauen. Vor dem Wöhrl stehend wende man sich nach links, gehe rechts an der Bank vorbei in die kleine Gasse und folge dem kurvigen Verlauf, nach ein paar Schritten ist man schon da und kann in "Herr Pfeffer" ein bisschen stöbern.

Öfters einmal vorbeizuschauen, lohnt sich übrigens, denn das Sortiment wechselt regelmäßig. Jungen Designern soll mit dieser pfiffigen Geschäftsidee eine Plattform geboten werden, ihre Entwürfe zur Schau zu stellen und zu verkaufen. Nach spätestens 3 Monaten müssen sie ihre Sachen wieder mitnehmen und Platz für andere Nachwuchskünstler machen. Von Bandshirts über Kühlschrankmagneten, Stickern, Bildern, ausgefallenen Taschen und kleinen Bags, nettem Hingucker-Nippes, Schuhen oder einem Gürtel mit wechselbarer Schnalle gibt es kreatives, inspirierendes und individuelles Zeug zu erstehen - gleichzeitig unterstützt man damit junge Talente. Ein Klick auf die erfrischende und übersichtliche Homepage lohnt sich.

Öffnungszeiten:
Montags und Dienstags: 13 Uhr bis 19 Uhr, Donnerstag und Freitags: 11 Uhr bis 19 Uhr, Samstags: 11 Uhr bis 17 Uhr. Mittwoch ist Ruhetag.

Aktuelle Lektüre: Friedrich Dürrenmatt: "Der Richter und sein Henker"

Sonntag, 23. Mai 2010

Ein Segen für Kinderserien

Wie hilfreich ist doch das Internet, wenn man schon ewig nach etwas Bestimmtem sucht und wenn es die Clips dazu auch noch auf youtube gibt. Jedenfalls können alte Kinderserien damit wieder zum Leben erweckt werden - unbezahlbare, nie wieder ersetzbare Klassiker, die so manchen Nachmittag oder langweiligen Ferientag verkürzt haben.


Wer kennt beispielsweise noch die schöne Kinderserie "Der zauberhafte Psammead"? In dieser Serie entdeckten fünf Kinder einen kleinen Kobold, der sich im Sand einbuddeln konnte - den zauberhaften Psammead eben. Der war immer ziemlich griesgrämig, aber eigentlich ein liebenswerter Kerl und erfüllte den Kindern dank seiner Zauberkraft stets einen innigen Wunsch - wie etwa, wunderschön zu sein, fliegen zu können oder von allen geliebt zu werden. Dabei mussten die fünf Kinder aber oft lernen, dass diese Wünsche mit unangehmen Nebenwirkungen verbunden waren, was stets für mächtigen Trubel sorgte. Im englischen Original heißt die Serie "Five Children and it" und geht zurück auf ein bekanntes Kinderbuch. 2004 wurde dieses neu verfilmt, unter anderem mit Kenneth Branagh und Freddie Highmore, schwappte aber nicht zu uns herüber.


Oder wer kennt sie nicht, die sprechenden Zellen, die wandernden Blutkörperchen und die tolle Armada aus Abwehrkäften. In "Es war einmal...das Leben", einer Serie aus Frankreich wurde auf wunderbare bildhafte und kreative Weise erklärt, was so alles in unserem Körper vorgeht. Die Erkennungsmelodie von Gabie Loh kennt bestimmt noch jeder. Der bekannte Song wurde später übrigens in den 90er Jahren von der PunkRockband "The Wohlstandskinder" gecovert und mit einigen Gitarrentönen aufgepeppt. Die Serie wurde über den ganzen Erdball berühmt, mittlerweile kann man die Folgen auf youTube anschauen. Es gab übrigens noch mehr Reihen von "Es war einmal..." wie etwa "Es war einmal...der Mensch" oder "Es war einmal...Entdecker und Erfinder".

"Round the twist" oder auf Deutsch "Twist Total" war auch ziemlich cool. Diese Serie kam aus Australien und handelt von einem Familienvater, Tony Twist, der zusammen mit seinen drei Kindern in einen Leuchtturm zieht. Es gibt nicht nur Ärger mit den ansässigen und äußerst verstockten Dorfbewohnern, sondern die drei Geschwister entdecken sehr bald, dass es in der Gegend spukt und müssen sich mit Geistern, Vampiren oder Flüchen herumschlagen. Die Serie ist im UK-Import auf DVD erhältlich und es gibt auch ein paar dieser Folgen online.
Statt stupider Clips oder ewigem Facebook-Gesurfe lohnt also durchaus ein Blick in die alten Schätze aus der Kindheit...

Aktuelle Lektüre: Margeritue Duras: "Der Liebhaber"

Samstag, 22. Mai 2010

Ein Handygespräch als Musical


Die Theaterwelt blickt derzeit wieder nach Berlin, wo seit einigen Tagen das alljährliche Theatertreffen statt findet. Zahlreiche namhafte Regisseure und Produktionen wurden wieder in die Hauptstadt eingeladen, wie etwa Roland Schimmelpfennigs Stück "Der Goldene Drache" (zu sehen heute Abend auf 3sat) oder Elfriede Jelineks "Die Kontrakte des Kaufmanns" aus dem Burgtheater Wien. Gleich mit drei Stücken ist das Schauspiel Köln angereist, ebenso kreative Jungautoren, alte Hasen und natürlich viel Prominenz. Gegenwärtiges Thema auf den Bühnen ist natürlich die Wirtschaftskrise und es wird vielerorts gemunkelt, dass die Schauspielhäuser in dieser doch recht verfahrenen Situation wieder zu ihrer ursprünglichen Aufgabe als "moralische Anstalt" zurückfinden - Themen, die die Gesellschaft bewegen, aufgreifen, verarbeiten, kritisieren, anprangern. So ist es auch kaum verwunderlich, dass sich sehr viele der eingeladenen Produktionen mit diesem Thema auseinandersetzen. Wer die begehrten Preise bekommen wird, ist heute Abend ebenfalls auf 3sat zu sehen.

Doch auch internationale Gruppen und Produktionen bekommen Gelegenheit, sich auf der Plattform in Berlin zu präsentieren, eine davon ist das "Nature Theatre of Oklahoma". Diese Truppe verzichtet bewusst auf große Effekte, spannende erfundene Handlungen und fiktive Charaktere - das wahre Leben steht im Vordergrund und die Wirklichkeit soll auf die Bühne gebracht werden. So wunderte sich Kristin Worral, eine Freundin des Regisseurs Pavel Liska nicht schlecht, als sie von ihm einen Anruf auf ihr Handy erhielt und er sie bat "Erzähl mir dein Leben!". Das tat Kristin dann auch, blieb über 16 Stunden an der Strippe und berichtete ihre gesamte durchschnittsbürgerliche Biografie, Pavel zeichnete alles auf. Daraus entstand dann "Life and Times", die erste Folge "Episode 1" wurde auf dem Theatertreffen in Berlin gezeigt. Pavel Liska und seine Regiekollegin Kelly Copper transkribierten die gesamte Erzählung von Kristin Stück für Stück in sangbare Texte - die Authentizität wurde aber dabei gewahrt. Nichts wurde gekürzt, "ums" und "ehms" wurden beibehalten. In "Episode 1" wurden Kristins erste sechs Jahre erzählt, über drei Stunden dauert das. Von "realistischem Musiktheater" ist hier die Rede, mit den Klischees um die gängigen Broadwayshows wird bewusst aufgeräumt. "Episode 2" wird im Burgtheater Wien aufgeführt werden. Eine witzige Idee, über die sich sicherlich streiten lässt. Bewusst wird das Laienhafte, das durchschnittliche in den Vordergrund gerückt, in dem sich das Publikum wieder erkennen soll - Kristins Geschichte weist sicherlich zu jedem mindestens eine Parallele auf. Schon 2008 erhielt die Gruppe in Europa eine Auszeichnung und ist derzeit auf dem Weg nach oben - wir dürfen gespannt sein.

Aktuelle Lektüre: Frank Wedekind: "Lulu"

Sonntag, 16. Mai 2010

Espressiert


Eine neue und raffinierte Geschäftsidee zieht seit Beginn letzter Woche neugierige Blicke der Studenten auf sich. Die mobile Espressobar "Espressiert" versorgt ab jetzt zur späten Mittagszeit kaffeesüchtige Studenten direkt am Zebrastreifen gegenüber der Zentralen Universitätsbibliothek. Wer die Treppenstufen zur Philosophischen Fakultät I steigt oder den Bus an der Haltestelle verlässt, kann das kleine dreirädrige Gefährt kaum verfehlen. Italienischer Flair kommt auf jeden Fall auf, wenn man sich dort einen Espresso bestellt, denn die 1,50 € sind ihr Geld wirklich wert - auch wenn die Kaffeebohnen aus Hessen kommen. Aber das außergewöhnliche Mischungsverhältnis sorgt für einen wunderbaren Geschmack, es gibt natürlich auch noch Cappuccino, Kaffee, Latte Macchiato, kleine Snacks wie Brownies und Gebäck. Panoramablick auf Würzburg und die Festung inklusive.

Nicht nur, dass die koffeinhaltigen Heißgetränke mehr Aroma und Geschmack enthalten als die Automaten-Instantbrühen der diversen Cafeten, wer sich nach der Schließung der Cafeteria oder Mensa noch nach etwas sehnt oder vor allem sonntags gerne seine Pause außerhalb der Zentralbibliothek mit einem frischen Kaffee füllen möchte, ist hier genau richtig. Der freundliche Barbetreiber erzählt gerne etwas über seine Idee und zeigt auch die Technik, die in dem kleinen Vehikel steckt; so thront auf dem Beifahrersitz ein Waschbecken inklusive Wasseraufbereitungsanlage. Wer dort also bald vorbeikommt, sollte den Kaffee einmal testen...es lohnt sich.

Aktuelle Lektüre: Andreas Franz: "Der Jäger"

Sonntag, 2. Mai 2010

Wenn ein Löffelchen voll Zimt...


Eine berühmte und sehr beliebte Kneipenwette in den amerikanischen Staaten ist es, dass es beinahe unmöglich ist, einen Löffel voller Zimt zu essen. Die legendäre "Cinnamon Challenge" hat sogar einen kleinen Artikel auf wikipedia erhalten und schon zahlreiche Wagemutige haben sich daran versucht. Dabei ist diese Wette ein relativ dummer und gefährlicher Versuch. Das Zimt blockiert nämlich die Atemwege und ist so staubig, dass sich diese Partikel überall festsetzen können, erschwerend kommt hinzu, dass sich Zimt nicht in Wasser (Speichel), sondern nur in Fetten und Ölen lösen lässt. Und beim Durchführen der Wette ist es eben auch nicht erlaubt, etwas zu trinken. Ziemlich blöd, wenn dann Hustenanfälle und Brechreiz auftreten, aber wer kotzt, hat ebenfalls verloren. Da es die Amis ja immer gerne besser wissen müssen und sich gerne auf allerlei Schandtaten einlassen, zeugen zahlreiche Clips im Internet von den Versuchen, die Zimtportion zu schlucken. Einfach mal auf yotube "Cinnamon Challenge" eingeben...

Aktuelle Lektüre: Andreas Franz: "Der Jäger"

Sonntag, 18. April 2010

"Goscior - der Zwischenweltler" am Mainfrankentheater


"Schönen Gruß aus'm Wald!". Mit dem Musical "Goscior - der Zwischenweltler" wartet das Mainfrankentheater Würzburg derzeit auf und entführt den Zuschauer mit einem wahren Effektspektakel in eine ganz andere Welt, nämlich in die Welt der Kobolde. Bernhard Stengele, der wieder einmal sein Händchen für flotte, eingängige und sehr gelungene Inszenierungen beweist, holt das gesamte Schauspielensemble des Mainfrankentheaters Würzburg auf die Bühne und erzählt eine mitreißende, amüsante und witzige Geschichte mit zahlreichen einfallsreichen Seitenhieben auf aktuelles Zeitgeschehen. Spritzige und genrelose Live-Musik einer Band mit Koboldmasken, ein einfaches, aber wirkungsvolles und schnell wandelbares Bühnenbild und sehr aufwändige, toll gestaltete Masken leisten ihren Beitrag zum Gelingen des in Würzburg welturaufgeführten Musicals "Goscior - der Zwischenweltler" aus der Feder von Frank Felicetti, der in Koboldmaske als Dollock gleich noch selbst eine Rolle übernimmt.

Die Handlung ist eher einfach und teilweise so klischeegerecht, dass man sich fragen könnte, wie dabei noch ein gutes Musical herauskommen soll: George und seine Freundin Maria gehen im Wald spazieren und entdecken einen roten Kristall, der den Kobolden gehört. Natürlich wissen die beiden das nicht, weil ja Menschen nicht an Kobolde glauben, und stehlen den magischen Stein, was den Zorn der Waldbewohner zur Folge hat. Während Maria mit dem Stein fliehen kann, wird George zur Strafe in Goscior verwandelt, ein Wesen zwischen Mensch und Kobold, das zwar aussieht und spricht wie ein Kobold, aber auch in der Menschenwelt sichtbar ist und keinerlei magische Kräfte besitzt. Natürlich will Goscior wieder zu George werden und macht sich auf in die Menschenwelt, um den Stein zurückzuholen. Leichter gesagt als getan, denn in der hektischen und grauen Großstadt ist kein Platz für Kobolde und Magie, außerdem kann sich Goscior nicht in der Menschensprache verständigen. Zur Seite stehen ihm die Rechtswächterin Rinja und Dollock. Und natürlich gibt es da noch eine uralte Prophezeiung, dass da eines Tages einer kommen wird, der als Bindeglied zwischen der Welt der Menschen und der der Kobolde dienen wird, denn einst lebten beide Völker zusammen, ja, waren gar nur ein Volk. "Doch die Menschen glauben nicht mehr an uns", beschwert sich Rinja, "sie haben keinen Sinn mehr für Magie." Goscior alias George gerät selbst in einen Gewissenskonflikt, denn er steht bald zwischen zwei Seiten...

Nun ja. Wie gesagt, Handlung eher 08/15. Das Motiv "Eindringling in fremde Welten und anschließender Gewissenskonflikt" kennen wir schon aus "Pocahontas" und in digitaler Neuauflage aus "Avatar", unter dem schwindenden Glauben an Zauberkraft und Magie litten bereits die Kindliche Kaiserin und Phantasien, Peter Pan und Nimmerland und Co. Doch Musik, Dialoge und Inszenierung gleichen diese Tatsache so kunstvoll aus, dass man "Goscior" einfach mögen muss. Eine tolle Musik mit teils witzigen, teils nachdenklich machenden Texten, ein wunderbar stimmiges Ensemble, das sichtbar Spaß und Freude an dieser Produktion zu haben scheint und wunderbare Anspielungen und Parodien auf aktuelles Zeitgeschehen gestalten den Abend wunderbar aus und machen die knapp zweieinhalb Stunden zu einem unvergesslichen Erlebnis. Zudem fährt das Mainfrankentheater einmal sein ganzes technisches Equipment auf - Rauchmaschine, Schwenklichter, Videoprojektionen, Liveband, Headphones (die am Anfang ein bisschen brauchen, bis man alles versteht), Lichteffekte und und und...


In bis zu fünf Rollen müssen die Schauspieler schlüpfen. Kai Christian Moritz gibt George und Gosicor und stellt sein stimmliches und schauspielerisches Talent eindrucksvoll unter Beweis, Anne Diemer gibt die durchtriebene und gierige Freundin Maria und überzeugt, wie zuletzt in Schillers "Parasit" auch durch ihre gesangliche Solonummer über den Tod der Märchen. Maria Vogt mimt putzig und flippig die Rechtswächterin Rinja, Musicalautor Frank Felicetti wirkt selbst mit als ruppiger Kobold Dollock. Der Rest des Ensembles wechselt zwischen Kobolden, Menschen, Pennern, gesichtslosen Allwissenden (eine der besten Nummern im ganzen Stück, weil Gesang, Bewegung und Regieeinfälle wunderbar zusammenspielen) und spielt jede Rolle wunderbar aus. Maria Brendel sorgt als ostdeutsche Oma, die das Wort "Münzeinwurf" nur allzu genau nimmt, für zahlreiche Lacher und sticht wieder einmal mit ihrer markanten Stimme und ihrem Können ein wenig heraus, Kai Markus Brecklinghaus darf rappen und "voll krasses" Deutsch sprechen und Anne Simmering wird wieder ihrer quirligen und verrückt-exzentrischen Darstellung gerecht, sehr zur Freude der Zuschauer.

Bernhard Stengele führt die Truppe sicher und gekonnt durch die Handlung, wie so oft überraschen einfache und trotzdem effektvoll Einfälle, wie Gummibänder an Händen und Füßen, die den anonymen Großstadtmenschen auf einer Privatparty marionettenhafte Züge verleihen, weiße Masken über den Gesichtern und sich drehende Figuren bei den allwissenden Mächtigen der Welt sowie stellenweises Spiel im Publikum. Auch die Band wird leicht mit einbezogen und kommt im Kobold-Look daher. Ein gelungener Streich, unterhaltsam, stimmig, durchsetzt mit ernsten Tönen und sinnvoll versteckter Kritik (man höre auf die Namen, mit denen in der Wohnung das "Light-System" gesteuert wird), eingängigen Liedern und Melodien und einer tollen Besetzung. Hingehen, mitfiebern, sich mitnehmen lassen - der Run auf die Karten ist groß, also nicht mehr lange warten! Mehr Infos gibt es auch hier.

Quelle der Bilder: Mainpost

Aktuelle Lektüre: Johann Wolfgang von Goethe: "Die Wahlverwandtschaften"

Solidarität für das Wuppertaler Schauspiel


In Wuppertal brodelt es. Vor drei Wochen waren tausende Menschen auf der Straße, demonstrierten, protestierten, machten ihrem Ärger Luft. Zum Welttheatertag am 28. März hatten über 50 Bühnen aus ganz Deutschland Abordnungen in die Stadt Wuppertal geschickt, um sich an den Protesten und Kundgebungen zu beteiligen. Der Grund: Wuppertal ist hoch verschuldet und muss dementsprechend Einsparungen vornehmen. Diesen Maßnahmen soll auch das Wuppertaler Schauspielhaus zum Opfer fallen, zahlreiche Arbeitsplätze wären damit in Gefahr. Über 5.000 Menschen bildeten eine Kette, Schüler sangen "Es ist vorbei-bei-bei Wuppertal", viele trugen gelbe T-Shirts.

Lesungen, Ausschnitte aus Stücken, Videoeinspielungen, szenische Darbietungen - die bisher größte Souveränitätsaktion deutscher Bühnen seit langem vereinte auch namhafte und aktuelle Produktionen wie die umstrittene Hartz-IV Inszenierung aus Volker Löschs "Marat was ist aus unserer Revolution geworden" aus Hamburg, in dem Hartz-IV-Empfänger auf der Bühne eine Liste der reichsten Hamburger samt ihres Einkommens verlesen, ebenso die aus Köln angereisten "Kontrakte des Kaufmanns" von Elfriede Jelinek, auch das Wuppertaler legendäre Tanztheater von der kürzlich verstorbenen Pina Bausch war mit von der Partie. Armin Rhode kam auf dem Motorrad vorbei und sprach vor der versammelten Menge, warnte vor den Folgen, die "Seele einer Stadt" zu schließen. "Macht euch klar, was damit passiert!" Regisseur Roger Vontobel trug beim Schlussapplaus der Premiere seines "Don Carlos" in Dresden ein Solidaritäts-T-Shirt und setzte damit ebenfalls ein Zeichen.


In den von der Finanzkrise gebrandmarkten Zeiten fallen derzeit überall kulturelle Projekte und Einrichtungen den Einsparungen zum Opfer. Ein städtisches Theater zu schließen, hat sich aber bisher noch niemand getraut. Darum blickt derzeit die deutsche Bühnenwelt nach Wuppertal, denn die Schließung des Schauspiels könnte einen schrecklichen Dominoeffekt zur Folge haben. Ein schleichender Tod? Vielleicht kann doch noch etwas erreicht werden, doch die Situation bleibt angespannt. Wuppertal ist nicht das einzige Theater, das von den Etatkürzungen bedroht ist. Die Intendanten werden jedenfalls auf die Barrikaden gehen und überlegen, wie man sich am Besten dagegen wehren kann. Vielleicht gibt es ja noch Hoffnung...

Aktuelle Lektüre: Johann Wolfgang von Goethe: "Die Wahlverwandtschaften"

"Love Jogging" im Chambinzky


Hilary scheint sichtlich erleichtert, dass ihr Mann Brian endlich einmal etwas für seine Fitness tut. Im knallroten Jogginganzug macht er sich jeden Mittwoch auf, um draußen seine Runden zu drehen. Was Hilary daran freut, ist aber nicht unbedingt die Tatsache, dass bei ihrem Mann vielleicht bald die Pfunde purzeln könnten, sondern der schöne Nebeneffekt, dass sie Brian für einige Stunden los ist. Denn wenn Brian mittwochs außer Haus ist, vergnügt sich dessen Freund George heimlich mit Brians Ehefrau Hilary. Aber Brian geht auch nicht wirklich joggen. In Wirklichkeit trifft er sich in Georges Wohnung mit seiner Geliebten Wendy und denkt, George sei in dieser Zeit beim Dartspielen in der "Goldenen Unke". Das prekäre Wechselspiel scheint reibungslos zu funktionieren, bis zu dem Tag, an dem Georges Ehefrau Jessica unerwartet früher von einer Geschäftsreise zurückkommt und Brian und Wendy in ihrer Wohnung vorfindet. Brian gerät in Erklärungsnot und damit nimmt das Unglück seinen Lauf...

Die Komödie von Derek Benfield mischt typische Slapstick-Elemente mit zahlreichem Wortwitz und liefert ein lustiges Verwirrspiel, in dem sich die Charaktere immer tiefer in ihren Ausreden und Heimlichtuereien verstricken. Das das nicht gut gehen kann, ist natürlich klar und dementsprechend hat das Publikum viel zu lachen.
Zwar braucht es am Anfang ein bisschen, bis das Spiel endgültig Fahrt aufnimmt, doch die ersten Minuten sind eben nötig, um die nötigen Informationen zu liefern und die Verhältnisse und Gegebenheiten zu klären. Einmal in Schwung gekommen, gibt es jedoch kein Zurück mehr.

Manfred Plagens inszenierte diesen flotten Schabernack, der derzeit am Chambinzky noch bis zum achten Mai zu sehen ist, zusammen mit einem stimmigen und harmonierenden Team, das der Verwechselposse die nötige Schärfe zu verleihen weiß. Die immer wieder gern gesehenen Chambinzky-Stammgäste Wolfgang Stenglin als Brian, der sich ständig neu erklären muss und in seiner köstlichen Hektik nur noch tiefer in den Schlamassel begibt sowie Dagmar Schmauß als selbstbewusste und direkte Jessica, die durch ihre Fragenstellerei und ihre offensive Art sowohl George als auch Brian das Leben schwer macht, bringen den ganzen Zirkus ordentlich in Schwung, in dem sich Siegfried Krockert als penibler und leicht ungeschickter George behaupten muss. Für einige Lacher sorgt sein Drang, seine Kleidungsstücke immer wieder säuberlich ordnen zu müssen sowie seine hilflosen Versuche, angesichts neuer Probleme nicht wieder in Panik auszubrechen - herrlich. Silke Weller gibt mit sichlichtem Spaß eine leicht hämische und sarkastische Hilary, die in all dem Trubel stets ihr diebisches Lächeln bewahrt und durch spitzfindige Kommentare zu bespaßen weiß. Michelle Küster macht als Wendy, die unversehens Teil der Scharade wird und plötzlich als Krankenschwester augegeben werden muss, souverän die Truppe komplett.

Es gibt noch Karten. Und es lohnt sich durchaus, an einer der noch ausstehenden Vorstellungen vorbeizujoggen und die freien Plätze zu füllen. Hobbyköche können mit dem Programmheft ein Rezept für Schottisches Ochsenschwanzragout mit nach Hause nehmen. Was dieses Essen mit dem Stück zu tun hat, sollten neugierige Besucher selbst herausfinden...

Aktuelle Lektüre: Johann Wolfgang von Goethe: "Die Wahlverwandtschaften"

Sonntag, 11. April 2010

Musik mal anders


Wer kennt es nicht - verregneter Nachmittag, Langeweile, Internet - und ruck zuck hat man sich auf youtube eingeklickt und erfreut sich an zahlreichen Ekelvideos, sieht Opas und kleine Kinder hinfallen, ist verzückt bei süßen kleinen Kätzchen und Äffchen oder macht sich über Leute witzig, die denken, sie könnten singen, sich aber eigentlich nur lächerlich machen. Zum Glück gibt es da noch Ausnahmen, die diese riesige Videoplattform dazu nutzen, ihre Musik unter die Leute zu bringen. Einer von ihnen ist Tyler Ward. Ob an der Gitarre, am Mikrofon oder zusammen mit anderen Jungmusikern, der smarte Amerikaner überzeugt durch melodisches Können und vor allem durch seine eigenen und individuellen Neuinterpretationen bekannter Songs. Ob Taylor Swift, Michael Jackson oder Ludacris - Tyler Ward überzeugt in mehreren Genres. Einfach mal reinklicken und in der Quicklist abspeichern...

Aktuelle Lektüre: Johann Wolfgang von Goethe: "Die Wahlverwandtschaften"

Sonntag, 28. März 2010

Wundertüte, knallbunt


Tim Burton ist wieder mal seinem eigenen Genre gerecht geworden und liefert mit seinem neuen Film "Alice im Wunderland" ein neues farbenfrohes, bizarres und schräges Fantasyspektakel. Selbstverständlich sind wieder Helena Bonham Carter und Johnny Depp von der Partie und wie immer, wenn Tim Burton einen Film macht, ist Danny Elfman nicht weit und sorgt mit dissonanten Gruselchören, Violinen und tiefer Orchestermusik für den nötigen zauberhaften Soundtrack. Sich dieses farbenfrohe und zugleich düstere Effektfeuerwerk in 3D anzusehen, lohnt dabei umso mehr.

Zudem ist interessant, dass Tim Burton die Geschichte nicht einfach neu-, sondern vielmehr weitererzählt. Die Alice in seinem Film ist kein kleines niedliches Mädchen, sondern eine junge Frau, die sich langsam in die steifen Konventionen der englischen Gesellschaft fügen muss - zumindest, wenn es nach ihrer Familie geht. Doch kurz bevor ihre Verlobung bekannt gegeben werden soll, taucht ein kleines weißes Kaninchen auf, dass hektische Blicke auf eine Taschenuhr wirft. Alice folgt diesem bis zu einem Baum und fällt dort in ein tiefes Loch, dass die direkt ins Wunderland führt. Dort warten nicht nur die allseits bekannten Gestalten auf sie wie der verrückte Hutmacher, die Grinsekatze und die böse Herzkönigin, Alice wird sich auch bald bewusst, dass sie bald etwas zu Ende bringen und ihrer Bestimmung folgen muss...

Sprechende Mäuse und Hunde, rauchende Raupen, eine cholerische Herzkönigin mit Wasserkopf, der schrullige Hutmacher, die dicken Zwillinge Tweedledee und Tweedledum (gespielt von "Little Britain"-Star Matt Lucas) und eine verträumte Anne Hathaway als Weiße Königin - wunderbare Zutaten für einen zauberhaften Film. Trotz Neuinterpretation bleibt die Persiflage auf die steife Gesellschaft Englands noch immer spürbar und Kenner des Buches oder des Disneytrickfilms können sich auf einige Überraschungen gefasst machen. Stimmig, dunkel, schräg und magisch, Tim Burton bleibt einfach unglaublich gut.

Aktuelle Lektüre: Helene Hegemann: "Axolotl Roadkill"

Samstag, 27. März 2010

Twilight ohne Grenzen

Zufällig bin ich gerade auf einer Reportage auf arte hängen geblieben, Thema: "das Twilight-Fieber". Kreischende Teenies, Warteschlangen vor den Kinos und die Frage aus dem Off, wie sich solch ein Hype denn bloß erklären lässt. Dann zeigt die Kamera eine schockierende Szene - vier Freundinnen stoßen zusammen mit einem Gläschen Sekt an, während der Sprecher im Audiokommentar erklärt, dass sich diese jungen Frauen derzeit jeden Sonntag treffen und nur ein Gesprächsthema kennen: Edward und Bella. Noch kein Grund zur Panik, doch dann wird das Alter der Mädels eingeblendet: 23, 21, 22...oh mein Gott. Und dann sagt doch tatsächlich die 23jährige, sie hätte den Film beim ersten Mal noch gar nicht verstanden und hätte ihn gleich noch mal ansehen müssen, um ihn besser zu begreifen und außderdem wünsche sie sich auch so einen Freund wie Edward. Ja genau, pflichtet ihr die 26jährige (!!) Freundin bei, sie könne die Bücher nicht aus der Hand legen und sei sie mit dem vierten Band durch, müsse sie gleich wieder beim ersten Band anfangen. Wo leben diese vier armen Mädels eigentlich, dass sie einer solchen klischeegefertigten Figur nachschmachten?

Schnitt. Gezeigt wird die Ring Con in Bonn, eine große Fan-Veranstaltung zu Kinohits und berühmten Büchern. Treffen mit Stars, Fotos, Autogrammstunden. 45 €uro kostet der Spaß pro Tag, für die gesamte Veranstaltung werden um die 250 €uro fällig. Die Kamera schwenkt über Massen an (vorrangig) weiblichen Fans, die sich die Beine in den Bauch stehen, um Nebendarsteller aus den "Twilight"-Filmen zu treffen und ihnen Fragen zu stellen, wie "welcher Band von den vier Büchern gefällt dir am Besten?"


Ob es nun an Edwards Verkörperung eines Traummann-Prototyps für junge LeserInnen liegt, der gehörigen Portion an Schmalz, Schmacht und Schnulz oder dem Mix aus High-School-Romanze und Gruselgeschichte liegt - zahlreiche Leute geben ihren Senf dazu und versuchen, teilweise auch aus wissenschaftlicher Perspektive, dieses Phänomen zu erklären. Zeit, abzuschalten. Und zu hoffen, dass die Leute bald mal wieder auf den Boden kommen. Wird aber schwierig, schließlich kommt bald Teil 3 in die Kinos...

Aktuelle Lektüre: Helene Hegemann: "Axolotl Roadkill"

Mittwoch, 10. März 2010

"Glee" macht Musik...


Schwupps, da ist einmal wieder ein neues Projekt am Serienhimmel erschienen und sorgte erst in den Staaten, dann in England und Irland für gute Einschaltquoten, bald ist Spanien an der Reihe. Die Rede ist von der poppig-bunt-flippigen Serie "Glee", von den Machern von "Nip/Tuck". Ein sogenannter "Glee"-Club ist ein Gesangsverein, wie man ihn zum Beispiel als Arbeitsgemeinschaft an einer High School finden kann.

Und damit wären wir schon mitten in der Handlung. Spanischlehrer Will Schuester, einst selbst ein Star des Glee Clubs, will selbigen an seiner Schule übernehmen und diesem dank neuer Methoden zum Aufstieg verhelfen. Leichter gesagt, als getan, denn die Mitglieder des Glee Clubs sind in der gesamten Schule als Loser und Nerds verschrien und bekommen auf dem Gang regelmäßig die Ice-Shakes ins Gesicht geschüttet. Allen voran die überaus selbstbewusste Rachel, die schon von Kindesbeinen an davon träumt, einmal berühmt zu werden und mit ihrer extrovertierten Art in ihrem Umfeld eher aneckt als ankommt. Zudem finden sich keine männlichen Mitglieder, doch Schuester wird durch Zufall bei dem Footballspieler und Mädchenschwarm Finn fündig. Doch schon die ersten Erfolge des Glee Clubs scheinen schnell wieder vergessen zu sein, als sich weitere Probleme anhäufen, allen voran die fiese Sportlehrerin Sue Silvester, die die Finanzierung ihres Cheerleadervereins in Gefahr sieht und gerne auch zu unerlaubten Mitteln greift, um Schuester und seinen Sängern einen Stock zwischen die Beine zu werfen. Doch auch Schuesters Ehe läuft nicht sonderlich gut und unter den Teenies verhärten sich ebenfalls bald die Fronten...

Man nehme Elemente aus "High School Musical" und "Grease" und mixe sie mit den typischen High-School-Klischees aus den amerikanischen Teeniefilmen. Heraus kommt "Glee"? Fast. Sicherlich gibt es da die vorlaute afroamerikanische Sängerin, das arrogante Cheerleadergirl, den begehrten Footballer, den schwulen Außenseiter, die kesse Streberin und den coolen und vorlauten Macho mit weichem Kern, aber trotz allem bietet "Glee" noch ein wenig mehr. Nicht nur, dass mit diesen Klischees raffiniert gespielt wird, sondern auch der Umgang mit dem Thema des Außenseiters und des Andersseins bringt frischen Wind in die Serie, nicht umsonst ist auch das Loser-L, das sich mit der Hand darstellen lässt, Bestandteil des Plakats. Scheinbare Happy Ends werden ziemlich schnell durch die intolerante Mehrheit an der High School zerstört und vermeiden so unnötigen Kitsch. Das Darstellerteam spielt überzeugend und mitreißend, Jane Lynch als Sue Silvester ist einfach köstlich und Gastauftritte von amerikanischen Musikern wie Kristin Chenowith sorgen für schöne Akzente. Bleibt zuletzt die Musik - teilweise sehr gelungene Coverversionen von aktuellen und ein wenig verstaubten Hits bringen den nötigen Pep und die Choreografien sind teilweise ein Hingucker.

Reinschauen lohnt sich also, seichte Kost mit ein bisschen Tiefgang, aber sehenswert. Mal sehen, wann das "Glee"-Fieber nach Deutschland überschwappt, in Amerika geht bald der zweite Teil von Staffel eins an den Start, Staffel zwei ist bereits in Produktion...für die hat unter anderem Neil Patrick Harris schon zugesagt, besser bekannt als "Barney" aus "How I met your mother"...

Aktuelle Lektüre: Daniel Pennac: "Au bonheur des ogres"

Montag, 8. März 2010

Verwirrspiel auf der Insel


Und wieder einmal hat sich Martin Scorsese mit Leonardo di Caprio zusammen getan und einen neuen Film produziert, hatten die beiden doch bereits schon bei "Gangs of New York" oder zuletzt "The Departed - Unter Feinden" miteinander das Vergnügen. In dem düsteren Psycho-Thriller begibt sich di Caprio in der Rolle des US-Marshals Edward Daniels, von vielen auch "Teddy" genannt, auf die Insel Shutter Island. Diese beherbergt eine geschlossene Heilanstalt für psychisch kranke Schwerverbrecher und obwohl die Überwachung und die Sicherheitsmaßstäbe vom Allerfeinsten zu sein scheinen, ist es doch einer Patientin gelungen, aus ihrer Zelle auszubrechen. Diese soll nun Teddy zusammen mit seinem Partner Chuck suchen. Doch schon bald stößt dieser bei seinen Recherchen auf einige Widersprüche und dunkle Geheimnisse, etwa den Hinweis auf verbotene Experimente an den Patienten. Zudem soll sich noch ein gewisser Andrew Laediss in einem Zellentrakt befinden, ein Mann, der am Tod von Teddys Frau und Kindern erhebliche Schuld gehabt haben soll. Während sich über der Insel ein Hurrikan zusammenbraut und für das erste eine Rückkehr auf das Festland unmöglich macht, stürzt Teddy nicht nur immer tiefer in seine eigenen paranoiden Anfälle, sondern auch in das dunkle Geheimnis von Shutter Island...

Der Film ist gut, aber Scorsese kann auch besser. Trotzdem ist "Shutter Island" sehenswert. Das liegt zum einen an der schön erzeugten gruseligen Atmosphäre, den düsteren Bildern und dem stimmungsvollen Setting, zum anderen aber auch an der tollen Wendung, die der Film auf einmal vollführt und den Zuschauer vollkommen überrascht. Di Caprio spielt toll, Mark Ruffalo ebenfalls, Max von Sydow und Patricia Clarkson überzeugen in ihren Nebenrollen. Nicht zuletzt wird auch mit der Idee gespielt, ab wann man noch als Mensch und wann bereits als Monster gilt. "An diesem Ort frage ich mich: was wäre schlimmer - zu leben wie ein Monster oder als guter Mann zu sterben?"

Aktuelle Lektüre: Daniel Pennac: "Au bonheur des ogres"

Sonntag, 21. Februar 2010

Wort zum Sonntag N° 28


Morgen geht es wieder in eine neue Woche - hier in Frankreich heißt das auch gleichzeitig, dass die Winterferien vorbei sind und der letzte Abschnitt des Aufenthalts als Fremdsprachenassistent anbricht, bevor es im April wieder nach Deutschland geht. Das Wort zum Sonntag stammt dieses Mal aus dem Film "Kate & Leopold", einer recht schönen und doch sehenswerten Schnulze aus der Zeit, in der Meg Ryan noch was von sich hören ließ und Hugh Jackman noch nicht seinen Ruf als Wolverine weg hatte. Kate steht vor ihren Arbeitskollegen und muss eine Rede halten, doch dann wird ihr bewusst, dass sie eigentlich etwas ganz anderes will...

...und es ist doch eine tolle Sache, das zu bekommen, was man will. Es ist wirklich toll. Es sei denn...das, was Sie da wollten, war nicht wirklich, was Sie wollten, weil das, was Sie wirklich...WOLLTEN - das konnten Sie sich nicht vorstellen und Sie hätten nicht geglaubt, dass es möglich wäre. Aber was ist, wenn einer daherkommt, einer, der ganz genau weiß, was du willst, ohne zu fragen, der es einfach weiß, so, als könnte er deinen Herzschlag spüren oder deine Gedanken lesen. Und wenn er sich seiner sicher wäre, ohne vorher eine Umfrage machen zu müssen und dich lieben würde...doch du hättest gezögert...?

Aktuelle Lektüre: Stephenie Meyer: "New Moon"

Freitag, 5. Februar 2010

Nuit blanche

Es gibt eine sehr schöne Szene in dem Film "Big Fish" von Tim Burton. Die männliche Hauptfigur trifft zum ersten Mal auf die Liebe seines Lebens, und zwar in einem Zirkus. Genau in diesem Moment meldet sich die Stimme des Erzählers zu Wort: "Man sagt, in dem Moment, in dem man zum ersten Mal auf seine große Liebe trifft, bleibt die Zeit kurz stehen." Das tut sie dann auch und Ewan Mc Gregor räumt unter anderem in der Luft hängendes Popcorn zur Seite, um sich seiner Angebeteten zu nähern. Ganz andere Hindernisse müssen dagegen die beiden Liebenden aus dem wunderschön gestalteten Kurzfilm "Nuit blanche" erleben, doch auch für sie bleibt die Zeit stehen und nichts scheint mehr von Bedeutung zu sein:

Nuit Blanche from Spy Films on Vimeo.



Aktuelle Lektüre: Volker Klüpfel / Michael Kobr: "Seegrund. Kluftingers dritter Fall."

Mittwoch, 3. Februar 2010

Papiergeflüster


Bibliotheken sind was Tolles. Sie beeindrucken schon alleine durch ihre Atmosphäre, durch ihre Gestaltung, durch den ganz besonderen Eindruck, den sie auf einen hinterlassen. Und sie haben einen schönen Vorteil gegenüber den Buchläden: man kann sich solange darin umschauen, wie man will und muss nicht das schlechte Gefühl eines Zwangskaufes verspüren. Comics aller möglichen Genres, Hörbucher, CDs, Musik, internationale Literatur, Heimatbände, Sammelwerke, Lexika, Nachschlagewerke...außerdem riecht es schon ganz eigen. Nach Papier, nach alt, nach muffigem Teppich und ein bisschen nach viele Leute. Und jeder hält sich an diesen Flüsterkodex. In Bibliotheken wird nicht laut geredet, sondern man muss dem Zuhörer ehrfurchtsvoll etwas zuraunen oder ihm ins Ohr flüstern, wenn man etwas zu sagen hat. Denn hier haben die Bücher etwas zu sagen, es sind die Buchstaben und die Seiten, die hier ihre Geschichten erzählen. Da steht ein Senior in der einen Ecke über die neuesten Zeitungsausgaben gebeugt, im Kinderbereich starrt ein kleines Mädchen mit großen Augen in ein Bilderbuch und jemand anderes taucht gerade in die Gedichte von Prévost ab. Bibliotheken sind was Tolles. Ein kleines Vakuum in der Alltagshektik...schön, entspannend, ruhig und still. Solange man seine Signatur findet...:)

Aktuelle Lektüre: Volker Klüpfel / Michael Kobr : "Seegrund. Kluftingers dritter Fall."

Samstag, 30. Januar 2010

Tierisch makaber

Was die britische Künsterlin Polly Morgan da so mit ihren ausgestopften tierischen Freunden anstellt, ist eventuell nichts für zarte Gemüter. Doch ihre Kunstwerke offenbaren eine sehr einzigarte, makabre Ästhetik. Wie man auf ihrer Homepage nachlesen kann, liegt ihre künstlerische Motivation nicht etwa darin, Tiere in ihrem natürlichen Verhalten oder Lebensraum darzustellen, sondern sie vielmehr in einer für sie doch eher ungewöhnlichen Umgebung zu platzieren und somit eine neue Perspektive auf sie zu ermöglichen. So kann zum Beispiel selbst eine Ratte, die normalerweise Ekel und Schauder hervorruft, in einem anderen Rahmen schön und angenehm auf den Betrachter wirken. Stellenweise verstörend, aber auch faszinierend und irgendwie gruselig - und alleine der Sarg, aus dem an allen Ecken und Enden Küken quellen, ist auf jeden Fall ein Hingucker.
Aktuelle Lektüre: John Updike: "Die Hexen von Eastwick"

Donnerstag, 28. Januar 2010

"Invictus" - wie Sport vereint


Wie nah beieinander Sport und Politik doch liegen können, zeigt derzeit der eindrucksvolle Film "Invictus" mit Morgan Freeman und Matt Damon in den Hauptrollen. Nachdem Nelson Mandela nach langen 27 Jahren endlich aus dem Gefängnis entlassen wurde und die Präsidentschaft von Südafrika angetreten hat, muss er noch mit den großen Problemen der Apartheid kämpfen und sieht sich zahlreichen Stolpersteinen ausgesetzt. So scheint es seinen Mitmenschen zu Beginn auch äußerst seltsam, dass sich Mandela neben den politischen Aufgaben auch mit besonders auffallendem Interesse der Rugby-Nationalmannschaft Südafrika, den Springboks widmet. Das Team um Kapitän Francois Pienaar genießt vor allem bei der dunkelhäutigen Bevölkerung keinen besonders guten Status, es gibt bereits Ideen und Pläne, die Gruppe und ihr Zeichen abzuschaffen, sind sie doch alle weiß, mit Ausnahme eines Spielers. Nelson Mandela verhindert nicht nur die Sprengung des Teams, sondern greift der Mannschaft auch besonders unter die Arme, denn schließlich stehen die Weltmeisterschaften an...

Nicht nur Morgan Freeman beeindruckt durch sein leicht großväterliches, weltmännisches und zugleich respektvolles Auftreten, sondern auch die raffinierte Verbindung der sportlichen und der politischen Welt geben "Invictus" einen besonderen Schliff, zumal eine solche Perspektive auf einen der berühmtesten Männer der Welt eine ganz besondere Annäherung an Mandelas große Persönlichkeit ermöglicht. Außerdem hat sich diese Geschichte ja wirklich zugetragen - von Clint Eastwood als Regisseur wurde sie nun filmisch umgesetzt. Zwar klingt an einigen Stellen ein wenig zu viel amerikanischer "you-have-to-fight-for-your-dream"-Kitsch durch, aber noch in erträglichen Maßen. "Invictus" zeigt auf ergreifende Weise, wie der Friedensnobelpreisträger sein Volk durch den Sport zusammenführte und zeigt außerdem auf, wie jung, dynamisch und interessant die Geschichte Südafrikas noch ist. Alleine die Vorstellung, dass Nelson Mandela 27 Jahre im Gefängnis verbrachte und trotzdem mit einer solchen Energie und einem Elan in das Leben jenseits der Gitter zurückkehrte, ist beachtlich. Sehenswert.

Aktuelle Lektüre: John Updike: "Die Hexen von Eastwick"

Freitag, 22. Januar 2010

Pomplamoose auf die Ohren


Es ist immer wieder erfrischend, was man zwischen all den selbsterklärten Gesangstalenten und Fremdschamkandidaten finden kann, die sich mit ihren musikalischen Produktionen auf youtube präsentieren. Die two-man-band Pomplamoose zum Beispiel, bestehend aus dem Pärchen Nataly Dawn und Jack Conte. Während Nataly vor allem für den Gesang zuständig ist und in den eigenhändig geschnitten Musikvideos vor allem mit ihren unschuldig dreinblickenden Augen Eindruck schindet, übernimmt Jack die musikalische Untermalung. In ihren so genannten "Video Songs" zeigen die beiden, wie so ein Song überhaupt zustande kommt und verzichten dabei auf große Effekte: man sieht, was man auch hört. Und sämtliche Instrumente werden von den beiden selbst eingespielt. Heraus kommt eine sehr eigenständige, andersartige und interessante Interpretation von bereits bekannten Hits, doch auch eigens geschriebene und komponierte Songs zählen zu dem Repertoire der beiden Internetmusiker, die mittlerweile auch im realen Leben einige Auftritte genießen durften. Besonders sehens- und hörenswert sind die Neuinterpretationen von "All the single ladies" und von "Beat it". Wem das gefällt, sollte unbedingt noch auf deren Homepage vorbeischauen. Beruhigend, dass es da draußen noch wirklich überzeugende Talente gibt.

Aktuelle Lektüre: John Updike: "Die Hexen von Eastwick"

Montag, 18. Januar 2010

Spannendes Lesefutter

Den Krimi, den ich derzeit gelesen habe, konnte ich jetzt einfach nicht mehr aus der Hand legen und musste noch unbedingt wissen, wie es ausgeht. Das Ende überrascht, und zwar auf voller Länge, wie genau, wird natürlich nicht verraten. "Der Finger Gottes" spielt in einem kleinen fränkischen Dorf in der Nähe von Hof, das von einer stinkreichen und einflussreichen Familie beherrscht wird und, wie Polizist und Hauptfigur Brinkmann auch bald herausfinden muss, die Vandenbergs haben einige ganz besonders prekäre Geheimnisse zu verbergen. Auch die Bewohner des kleinen Örtchens haben eine gewaltige Menge Dreck am Stecken...klingt nach Larifarihandlung, ist es aber nicht, sondern entwickelt sich in eine vollkommen ungeahnte Richtung und macht einen beim Lesen richtig wütend, denn leider sind fast alle Charaktere in diesem Buch mit der richtigen Summe Geld manipulierbar. Wie in echt eben. Schade, aber wahr. Andreas Franz schreibt unheimlich gut und intelligent, unterhaltsame Belletristik für zwischendurch. Was ihn auch noch sympathisch macht, ist seine schön aufgemachte Homepage, auf der man sich prima über ihn, sein Leben und seine Werke informieren kann...

Aktuelle Lektüre: John Updike: "Die Hexen von Eastwick"

Freitag, 15. Januar 2010

Fernsehen für Doofe

Es ist wieder soweit: Deutschlands bekannteste Castingshow ist mittlerweile in die siebte Runde gestartet und wieder einmal wird mit Glitzer und Feuerwerk zum Staffelfinale ein NoName-Sänger aus der Versenkung gehoben, in welcher er auch eben so schnell wieder verschwinden wird. Macht aber nichts, schließlich gibt es vorher wirklich unheimlich viel zu lachen über diese dummen Menschen, die denken, sie können singen und es ist doch eine wahre Freude, wie schön Onkel Bohlen wieder seine Sprüche reißt und sich nebenher noch eine goldene Nase verdient. Dass das obendrein eine der einfachsten und billigsten Arten ist, eine Fernsehsendung zu erstellen, scheint wohl irgendwie zwischen den Werbeblöcken und Dieters Grinsen in Vergessenheit zu geraten.

Was sitzen da bloß für gewitzte Redakteure, die sich für die schlimmsten Kandidaten noch schöne Einspieler überlegen, wie etwa ein animierter Hammer, der scheinbar den Bildschirm zertrümmert, ein Zähler für ein Wort, das ein Kandidat besonders oft benutzt oder ein kleiner Dieter Bohlen in Engelsgestalt, der um den Kandidaten herumfliegt. Und noch besser ist es natürlich, wenn sich eine Person vor der Kamera verspricht, dann kann man nämlich fünf Mal zurückspulen, um den Fauxpas erneut abzuspielen und hat ganz nebenbei wieder ein paar Minuten Programm drin: "Also am meisten schätz isch am Dieter seine Direktischkeit...seine Direktischkeit...seine Direktischkeit...Direktischkeit...Direktischkeit."

Oder man begleitet besonders hoffnungslose Fälle nach Hause, quetscht sie über ihr Privatleben und ihre intimsten Wünsche aus, um dies dann in der Sendung auszuschlachten. Ob dicke Friseuse in zu hohen High-Heels, Jogginghosenrapper mit null Grips, das blasse Mauerblümchen mit Zahnspange oder der scheinbare Sunnyboy, der noch nicht ganz seinen Stimmbruch überwunden hat - alle kommen sie wieder aus ihren Löchern, um sich vor der Jury von "DSDS" zu behaupten, um sich eventuell einen Traum zu verwirklichen. Und um sich vorführen zu lassen, vor laufender Kamera von Dieter einen Spruch gedrückt zu bekommen und um einem Millionenpublikum gezeigt zu werden, das die hoffnungslosen Fälle gnadenlos verhöhnt. Dem Fass den Boden ausgeschlagen hat eindeutig ein Kandidat, der sich wohl entweder nicht rechtzeitig aufs Klo begeben hat oder nicht gescheit abgeschüttelt hat...peinlich, peinlich, für die Jury aber ein gefundenes Fressen und er wird somit als "Pipi-Kandidat" in die DSDS-Geschichte eingehen. Ein moderner und vollkommen durchdachter Freak-Zirkus, ein Sammelsurium an Kuriositäten, an denen man sich ergötzen kann. Ist doch schließlich wahnsinnig unterhaltsam, oder, wie dumm die doch sind, wie hässlich die aussehen und wie scheiße die doch singen. Haha, ja, mach sie fertig, Dieter! Du bekommst die gewünschten Quoten und damit die Garantie für eine weitere Staffel.

Dass Kandidaten, die zum Casting wollen, angeblich 40 € zahlen müssen, um erst einmal vor die Jury gelassen zu werden oder dass Pop-Mogul Bohlen einige seiner Sprüche erst nach dem eigentlichen Casting aufsagt und diese dann passend ins Programm geschnitten werden, vergisst man da leicht. Die gleiche Mache gibt es in grün bei "Bauer sucht Frau" und ähnliche Formaten. Oh mann, du armes deutsches Fernsehen, wo soll das noch mal enden...wo sind sie denn geblieben, die schönen Vorabendserien wie "Berlin, Berlin", "die Hagenbecks", "eine Familie zum Knutschen"...lesenswert dazu auch der SPIEGEL-Artikel "RTL sucht den Superdeppen."

Aktuelle Lektüre: Andreas Franz: "Der Finger Gottes"