Samstag, 29. Dezember 2018

Filmkritik: "Mary Poppins Rückkehr"

Dank der Traumfabrik Disney ist sie seit 1964 wohl das berühmteste Kindermädchen aller Zeiten, ihre Schattensilhouette mit Regenschirm, Hütchen Zaubertasche und den charakteristisch gespreizten Füßen hat Generationen von Kindern verzaubert und beim Großwerden begleitet. Mary Poppins verdanken wir die augenzwinkernd geäußerte, aber ernst zu nehmende Mahnung, das innere Kind nie zu vergessen oder zu negieren und sicherlich hat jeder, der den Film liebte, schon mal in einem unbeobachteten Moment versucht, durch Fingerschnippen das Zimmer aufzuräumen oder den gemeinen Lehrer durch einen Lachanfall an die Decke schweben zu lassen. Ein wenig Neid verspürte man wahrscheinlich auch gegenüber den Kindern Jane und Michael, denen das hohe Glück zuteil wurde, mit einer so coolen erwachsenen Freundin in Kreidebilder zu hüpfen, Trickfilmtiere zu treffen oder über die Dächern der nachtruhenden Stadt zu tanzen. Und hätte es Richard M. Sherman und Robert B. Sherman nicht gegeben, wären wir um ein paar Ohrwürmer ärmer, um nur exemplarisch "Chim Chim Cheree" und "Superkalifragilistikexpialigetisch" zu nennen. 

Quelle: filmstarts.de
Nun läuft, passend zur Weihnachtszeit, "Mary Poppins Rückkehr" in den Kinos an. Auch wenn die Trailer vorab überzeugten und neugierig machten, so stellt man sich doch die kritische Frage, ob dieser Film es schafft, mit einem Klassiker, der sich nun schon über 50 Jahre lang hält, Schritt zu halten oder ob das Sequel nur zu einem kommerziellen qualitativ schlechteren zweiten Teil gerät. Das Regieteam um Rob Marshall und Filmkomponisten Marc Shaiman und Scott Wittman sind wohl erkennbar selbst mit der ersten Mary Poppins groß geworden und auch die restliche Crew wie Ausstatter, Requisiteure, Beleuchter und Kostümbildner scheinen sich mit der Mitwirkung an diesem Film einen Kindheitstraum erfüllt zu haben, die zauberhafte Welt der Poppins wieder zum Leben zu erwecken. 

Wie der erste Teil basiert auch die Fortsetzung auf einem Roman von P.L. Travers. Jane und Michael, die Kinder aus dem ersten Teil, sind mittlerweile erwachsen geworden, Michael hat selbst Kinder, die aber keine unbeschwerte Kindheit wie einst ihr Vater und ihre Tante genießen können, denn vor einem Jahr verstarb die Mutter der drei und sie müssen im Haushalt entsprechend viel Verantwortung mittragen. Zusätzlich ist das schmucke Anwesen im Kirschbaumweg 17 von der Pfändung bedroht, weil Michael Banks Schulden hat. Als einziger Ausweg bleibt ein Anteilsschein seines Vaters, der aber bis zum Ende der Woche bei der Bank vorgelegt werden muss, sonst muss die Familie das Haus räumen. Wie gerufen taucht in diese Krisenstimmung Mary Poppins auf und nimmt die Kinder unter ihre Obhut. Doch auch das "Kind" Michael Banks findet dank ihr wieder zu seinem inneren Jungen zurück...

Die bunte Wundertüte, in die uns Mary Poppins entführt, läuft wieder über vor knalligen, poppigen und verrückten Ideen, aber erfreulicherweise stets ohne den ersten Teil nur zu kopieren. Das ungeliebte Baden gerät zu einem verrückten Ausflug ins Meer, direkt durch eine schier bodenlose Badewanne, in der Keramikschale der verstorbenen Mutter warten Trickfilmtiere und ein waghalsiges Kutschenrennen und die berühmten Schornsteinfeger werden durch die tanzenden Laternenanzünder anzitiert - man bekommt sofort Lust, durch ein nebliges nächtliches London zu tanzen. Emily Blunt verleiht der Mary Poppins eine liebevolle, eigene und charmante Note, es hätte ja auch zu plump gewirkt, Julie Andrews nachmachen zu wollen. Die Musik greift die Stimmung des Klassikers gekonnt auf und setzt neue Akzente, es gibt zudem ein Wiedersehen mit Dick van Dyke in einer Gastrolle, Meryl Streep hat einen Auftritt, dem sie sich mit sichtlich kindlicher Begeisterung hingibt und auch im zweiten Teil wird geflogen, an die Decke gegangen, gesteppt, das Treppengeländer hochgerutscht, der Admiral knallt wieder Kanonenkugeln vom Dach und vieles mehr. Disney wird mit diesem Film wieder seinem unvergesslichen und einzigartigen magischen Zauber gerecht und mahnt uns, die eigenen Spinnereien und Kindereien nicht völlig aufzugeben - Walt hätte dies sicher unterschrieben. Erfreulicherweise klappt auch die Verbindung moderner Spezialeffekte mit klassischen Trickfilmfiguren oder wunderbar choreografierten Tanzszenen. Und gesungen wird auch eine Menge, aber das ist eben typisch Mary Poppins und typisch Disney. Eine Reise in eine altbekannte Wunderwelt, der man sich nur zu gerne hingibt und am Ende mit einem flauen Gefühl im Magen feststellen muss, dass es Zeit ist, sich von Mary Poppins wieder verabschieden zu müssen, wenn der Wind sich gedreht hat.

Aktuelle Lektüre: Giancarlo de Cataldo & Carlo Bonini: "Suburra"

Zuletzt gesehene Serie: "Better call Saul" (Netflix)

Samstag, 27. Januar 2018

Molières "Tartuffe" im Residenztheater München

"Und Tartuffe?" - "Der Gute!". Erfüllt von Bewunderung fällt dem Hausherren Orgon (wie immer ungemein authentisch: Oliver Nägele) nach seiner Heimkehr vorerst nichts anderes ein, was er sagen könnte. Schließlich hat er an Tartuffe (Philip Dechamps) einen Narren gefressen und hält ihn für eine ausgezeichnete Partie für seine Tochter Mariane (Förderpreis 2017-Preisträgerin Nora Buzalka), auch wenn die ihr Herz an Valère (Gunther Eckes) verloren hat, sich aber letztendlich dem Willen des Patriarchen zu beugen hat. Was Orgon jedoch nicht ahnt: Tartuffe, einst als Taugenichts von der Straße geholt, hat sich längst zum heimlichen Chef des Hauses aufgeschwungen und sich auch Orgons Ehefrau Elmire (Sophie von Kessel) genähert. Für Mariane und ihre schlaue Zofe Doriane (mit herrlich trockenem Humor: Charlotte Schwab) steht fest: Tartuffe muss weg! Man versucht sich in einer Intrige, um Orgon die Augen zu öffnen...

"Hier ist ein Ort, an dem wir ungestört reden können", sagt eine der Figuren einmal im Verlauf des Stücks, hat damit aber keineswegs Recht. Das dunkle und holzgetäfelte Bühnenbild zeigt einen Hausflur, in dem sich vier Treppenaufgänge aus verschiedenen Richtungen begegnen, weswegen die Gespräche sprichtwörtlich "auf der Schwelle" stattfinden. Witziges Detail: die Auf- und Abgänge erfolgen völlig planlos, wer die Szenerie rechts oben verlassen hat, kommt auf einmal wieder von links unten hinauf oder umgekehrt. Tartuffe hat irgendwie alle kopflos gemacht. Die schlichten, in Schnitt und Form in die höfische Welt entrückten, gedeckt gehaltenen Kostüme entfremden gelungen und zitieren gleichzeitig behutsam historische Anklänge an die Zeit des Sonnenkönigs (einige Männer tragen Korsett) oder an die 20er, passend, da doch auch eine Ära des Niedergangs. Dass bei Molière, in Anlehnung an die ihn damals inspirierende die Commedia dell'arte, die scheinbar dummen Bediensteten eigentlich zuerst das Spiel durchschauen und eine bedeutende Rolle bei der Einfädelung der List spielen, hat Regisseurin Mateja Koležnik deutlich herausgearbeitet, ebenso wie die typischen Versteckspiele (in der Kulisse lassen sich mehrere Türen öffnen) und das gegenseitige Belauschen oder die Angst vor dem Belauschtwerden. Dass der Wortwitz von Molière und seine im Stück angelegten menschlichen Makel auch heute noch funktionieren, zeigt diese herrlich kurzweilige und amüsante Inszenierung des Residenztheaters München, was auch das ausverkaufte Haus am letzten Mittwoch bewies. Mag sich damals das höfische Publikum bereits vor Tartuffes wahrem Gesicht erschrocken haben, so lässt er auch im Resi irgendwann seine Maske fallen. Orgon, bei seinem ersten Auftritt nur vier Worte wiederholend wählend, ist am Ende sprachlos und stumm, nicht zuletzt, weil ihn der Schlag getroffen hat. 

Aktuelle Lektüre: Rüdiger Safranski: "Romantik. Eine deutsche Affäre". 

Zuletzt gesehene Serie: "Life in pieces" (amazon prime)

Freitag, 26. Januar 2018

Es geht weiter. Ein Vorsatz.

Es gibt sicher bessere Orte als einen leicht versifften, overcrowded Irish Pub unter Münchens Gehwegen. Aber jetzt oder nie, pflegt man zu sagen und auch wenn Plattformen wie Instagram oder Snapchat mittlerweile die Onlinewelt beherrschen, zählen einerseits Wille, andererseits nostalgische Erinnerungen an das Jahr 2011 (Wahnsinn, der letzte Post ist 7 Jahre alt!!) zur Entscheidung, den Stolpersteinen wieder Leben einzuhauchen. Nur so viel in Kürze, mehr Updates folgen schrittweise:
1. Ich habe mittlerweile Würzburg den Rücken gekehrt. Jetzt lebe und arbeite ich in München.
2. Ich bin schon 31. Hust.
3. Ich halte gerade ein Guinness in der Hand, das ich mit einem guten Freund und Kollegen genieße.

Zitat des Abends: "Lovely day for a Guinness" (danke Wimmjoe)

Aktuelle Lektüre : (um Traditionen aufrecht zu erhalten) : Rüdiger Safranski: "Romantik. Eine deutsche Affäre."

Zuletzt gesehene Serie: "Life in Pieces" (Man muss ja mit der Zeit gehen)