Sonntag, 18. April 2010

"Love Jogging" im Chambinzky


Hilary scheint sichtlich erleichtert, dass ihr Mann Brian endlich einmal etwas für seine Fitness tut. Im knallroten Jogginganzug macht er sich jeden Mittwoch auf, um draußen seine Runden zu drehen. Was Hilary daran freut, ist aber nicht unbedingt die Tatsache, dass bei ihrem Mann vielleicht bald die Pfunde purzeln könnten, sondern der schöne Nebeneffekt, dass sie Brian für einige Stunden los ist. Denn wenn Brian mittwochs außer Haus ist, vergnügt sich dessen Freund George heimlich mit Brians Ehefrau Hilary. Aber Brian geht auch nicht wirklich joggen. In Wirklichkeit trifft er sich in Georges Wohnung mit seiner Geliebten Wendy und denkt, George sei in dieser Zeit beim Dartspielen in der "Goldenen Unke". Das prekäre Wechselspiel scheint reibungslos zu funktionieren, bis zu dem Tag, an dem Georges Ehefrau Jessica unerwartet früher von einer Geschäftsreise zurückkommt und Brian und Wendy in ihrer Wohnung vorfindet. Brian gerät in Erklärungsnot und damit nimmt das Unglück seinen Lauf...

Die Komödie von Derek Benfield mischt typische Slapstick-Elemente mit zahlreichem Wortwitz und liefert ein lustiges Verwirrspiel, in dem sich die Charaktere immer tiefer in ihren Ausreden und Heimlichtuereien verstricken. Das das nicht gut gehen kann, ist natürlich klar und dementsprechend hat das Publikum viel zu lachen.
Zwar braucht es am Anfang ein bisschen, bis das Spiel endgültig Fahrt aufnimmt, doch die ersten Minuten sind eben nötig, um die nötigen Informationen zu liefern und die Verhältnisse und Gegebenheiten zu klären. Einmal in Schwung gekommen, gibt es jedoch kein Zurück mehr.

Manfred Plagens inszenierte diesen flotten Schabernack, der derzeit am Chambinzky noch bis zum achten Mai zu sehen ist, zusammen mit einem stimmigen und harmonierenden Team, das der Verwechselposse die nötige Schärfe zu verleihen weiß. Die immer wieder gern gesehenen Chambinzky-Stammgäste Wolfgang Stenglin als Brian, der sich ständig neu erklären muss und in seiner köstlichen Hektik nur noch tiefer in den Schlamassel begibt sowie Dagmar Schmauß als selbstbewusste und direkte Jessica, die durch ihre Fragenstellerei und ihre offensive Art sowohl George als auch Brian das Leben schwer macht, bringen den ganzen Zirkus ordentlich in Schwung, in dem sich Siegfried Krockert als penibler und leicht ungeschickter George behaupten muss. Für einige Lacher sorgt sein Drang, seine Kleidungsstücke immer wieder säuberlich ordnen zu müssen sowie seine hilflosen Versuche, angesichts neuer Probleme nicht wieder in Panik auszubrechen - herrlich. Silke Weller gibt mit sichlichtem Spaß eine leicht hämische und sarkastische Hilary, die in all dem Trubel stets ihr diebisches Lächeln bewahrt und durch spitzfindige Kommentare zu bespaßen weiß. Michelle Küster macht als Wendy, die unversehens Teil der Scharade wird und plötzlich als Krankenschwester augegeben werden muss, souverän die Truppe komplett.

Es gibt noch Karten. Und es lohnt sich durchaus, an einer der noch ausstehenden Vorstellungen vorbeizujoggen und die freien Plätze zu füllen. Hobbyköche können mit dem Programmheft ein Rezept für Schottisches Ochsenschwanzragout mit nach Hause nehmen. Was dieses Essen mit dem Stück zu tun hat, sollten neugierige Besucher selbst herausfinden...

Aktuelle Lektüre: Johann Wolfgang von Goethe: "Die Wahlverwandtschaften"

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